Sie eilt bei Bedarf sogar zurück an die Obstwaage und wiegt die Gurke: eine besonders verdiente Dienstleisterin, die Kassiererin.

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Man hat unsere Supermarktkassiererinnen – und ihre wenigen männlichen Kollegen – schon fröhlicher, auch selbstbewusster gesehen als in diesen für sie entbehrungsreichen Tagen. Unsere Kassiererinnen sind die wenig bedankten Helferinnen der Ceres (die inoffizielle Bauernbundgöttin: Man erkennt sie an ihrem charakteristischen Füllhorn!). Mit Umsicht und eiserner Konzentration schieben sie sämtliche Waren des täglichen Bedarfs ungerührt über den Scanner: von der vakuumverpackten Dauerwurst bis zum sperrigen Zellstoffpaket.

Spricht man eine der heroischen Damen bei der Ausübung ihrer Tätigkeit an, erhält man bereitwillig Auskunft. Supermarktkassiererinnen leisten zum Beispiel eine Wochenarbeitszeit von 30 Stunden, die in mehr oder minder flexible Schichten aufgeteilt wird. Sie sagen dieser Tage: "Natürlich habe ich Angst!" Und: "Einfach ist es nicht!" Zumal, wenn man eine fünfjährige Tochter zu Hause hat, die der Obsorge bedarf. Wie gut, wenn wenigstens der Lebensgefährte beruflich abkömmlich ist und Heimdienst leisten kann.

In weniger aufgeregten Tagen nimmt man die Arbeitsleistung der Kassiererinnen mit einem Achselzucken zur Kenntnis. In ihrem Bestreben, den Kunden bestmöglich zu Diensten zu sein, ersinnen sie wunderliche Eigenheiten.

Münzen im kunterbunten Durcheinander

Die einen ordnen die Münzablagen für das Wechselgeld im kunterbunten Durcheinander an. Andere sortieren die Münzen nach Art einer aufsteigenden Tonleiter: vom Cent zur Zwei-Euro-Münze. So schärfen sie während langer Schichten ihre Konzentration.

Andere halten imaginäre Wettkämpfe im Kopf ab. Wer hat im Konzert der klingelnden Filialkassen seine Schlange schneller abgefertigt? Manches Mal muss eine durchgeschlüpfte Gurke an die Obstwaage zurückgereicht werden. Wiederum dürfen sich dabei gerade auch betagtere Konsumenten bei ihren guten Geistern, den Kassiererinnen, be danken.

Eine Hoffnung birgt somit die erzwungene Lahmlegung unserer Geschäftigkeit: Sie rückt die Wichtigkeit gerade solcher Berufsgruppen in den Blick, über deren Wohlergehen man für gewöhnlich pauschal hinwegsieht.

Unsere Supermarktkassiererinnen sind Heldinnen, Punkt. Sie haben es verdient, auch nach Abklingen der Ansteckungsgefahr anständig entlohnt zu werden. Das könnte unter anderem bedeuten, unbedingt mehr als 15 Euro Stundenlohn an sie auszuzahlen. (Ronald Pohl, 18.3.2020)