Direktorin Kraus bleibt weitere fünf Jahre.

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Als Ende Februar verkündet wurde, dass Karola Kraus den österreichischen Pavillon auf der nächsten Venedig-Biennale 2021 mit den Künstlerinnen Jakob Lena Knebl und Ashley Hans Scheirl kuratieren wird, vermuteten einige, dass ihr Vertrag als Mumok-Direktorin verlängert werden würde. Nun kam die offizielle Bestätigung von Staatssekretärin Ulrike Lunacek (Grüne) aus dem Kulturministerium: Ab 1. Oktober wird Kraus für weitere fünf Jahre als wissenschaftliche Geschäftsführerin am Mumok (Museum Moderner Kunst Stiftung Ludwig Wien) bestellt. Der Vertrag ihrer Kollegin Cornelia Lamprechter, mit der sie sich die Leitung seit 2015 als Doppelspitze teilt und die für die wirtschaftliche Führung der Geschäfte zuständig ist, wird ebenfalls bis 2025 verlängert.

Beide Funktionen wurden im September 2019 öffentlich ausgeschrieben, eine Auswahlkommission, bestehend aus Johannes Attems (Vorsitzender Mumok-Kuratorium), Danielle Spera (Direktorin Jüdisches Museum Wien) und Julia Flunger-Schulz (Geschäftsführerin Kunstmeile Krems), entschied über die Auswahl. Den Vorsitz führte der Sektionschef für Kunst und Kultur, Jürgen Meindl, der Auswahlprozess wurde von der Personalberaterfirma Kienbaum begleitet. Die Hearings fanden von 8. bis 10. Jänner statt. Insgesamt bewarben sich für die wirtschaftliche Geschäftsführung 17 Personen, davon 13 Männer und vier Frauen, für die wissenschaftliche Geschäftsführung 20 Personen, davon elf Männer und neun Frauen. In der Aussendung heißt es, nach eingehender Beratung stellten sich zwei Personen als "besonders geeignet" für die wissenschaftliche Geschäftsführung heraus.

Neue Perspektiven

Dass die Entscheidung schließlich auf Kraus fiel, habe Lunacek auf Basis der Empfehlung und längerer Gespräche mit beiden Personen getroffen. "Frau Kraus hat in den letzten Jahren bewiesen, dass sie, gemeinsam mit der wirtschaftlichen Geschäftsführerin, das Museum trotz schwieriger finanzieller Rahmenbedingungen erfolgreich geführt hat. Sie hat neue Perspektiven für die Weiterentwicklung des Hauses. Diese werden dazu beitragen, die Position des Mumok als Museum für die internationale moderne Kunst sicherzustellen und die Themenführerschaft in den Bereichen gesellschaftsbezogener und -kritischer Kunstvermittlung weiterzuentwickeln. Frau Kraus ist international ausgezeichnet vernetzt und wird den Ruf des Hauses weit über die europäische Dimension hinausgehend als Dreh- und Angelpunkt für moderne Kunst festigen", so Lunacek.

So weit die offizielle Stellungnahme, die bewusst auf wunde Punkte aus der mittlerweile zehn Jahre langen Direktionstätigkeit von Kraus anspielt. Denn die ersten fünf Jahre ab 2010 als Nachfolgerin von Edelbert Köb am Mumok sowie auch ihre Nachbestellung 2015 unter dem damaligen Kulturminister Josef Ostermayer (SPÖ) – für die sie sich eigentlich gar nicht beworben hatte – standen unter Kritik: die um 25 Prozent gesunkenen Besucherzahlen, geschrumpfte Ausstellungsprogramme sowie die Vernachlässigung österreichischer Positionen. Kraus dementierte dies damals und verwies auf falsche Fakten, den Rückgang der Zahlen führte sie auf eine neue Zählweise zurück. Die Besetzung der Doppelspitze vor fünf Jahren mit Cornelia Lamprechter als wirtschaftlicher Unterstützung sollte Kraus entlasten und ihr mehr Zeit für die wissenschaftliche Arbeit ermöglichen.

Bilanz, Kritik und Ausblick

Wie sieht die Bilanz nach weiteren fünf Jahren aus? Sieht man sich die Zahlen von 2019 an, konnte das Mumok einen Besucherrekord von 289.237 (+23 Prozent) im Vergleich zum Vorjahr verbuchen. Zwar gilt es neben anderen Bundesmuseen wie der Albertina oder dem Belvedere als Schlusslicht, kann im Vergleich zum Jahr 2016 (210.000 Besucher) aber ein deutliches Wachstum verzeichnen. Durch Schenkungen und Ankäufe konnte Kraus in den letzten Jahren die Sammlung zwar erweitern, dennoch scheinen hier andere Museen teilweise stärker positioniert. So wurden Ausstellungen, die thematisch besser ins Mumok gepasst hätten, in anderen Wiener Museen gezeigt, wie beispielsweise Mark Rothko im KHM vergangenes Jahr. Inhaltlich soll das seit 2015 durch eine verstärkte Balance zwischen Publikumsausstellungen, wie der für Mai 2020 geplanten Andy Warhol-Ausstellung, und Avantgarde-Kunst abseits des Mainstreams ausgeglichen werden. Diese wird leider oft schwer zugänglich präsentiert, und alleine die Titel der Ausstellungen sind oft wenig einladend.

Womit Kraus jedoch brillieren konnte, waren die Ausstellungen zur Feministischen Avantgarde der 1970er-Jahre aus der Sammlung Verbund sowie die von Jakob Lena Knebl neu arrangierte sowie kuratierte Ausstellung der Mumok-Sammlung im Jahr 2017. Der Fokus auf weibliche österreichische Kunst ist eine Richtung, die das Mumok unter der Doppelspitze eingeschlagen hat – und auch weiterverfolgen sollte. Auch der Kapsch-Preis, der seit 2016 jedes Jahr an junge Kunstschaffende aus Österreich vergeben wird, kann hier als positive Entwicklung gesehen werden. So fällt die Bilanz gemischt aus. Wie Kraus und Lamprechter das Mumok in der kommenden Periode neben der neuen Albertina Modern positionieren werden und vor allem die Nachbeben der Corona-Krise meistern, wird abzuwarten sein. Spätestens bei der Kunstbiennale kommendes Jahr wird man ein erneutes Resümee ziehen. (Katharina Rustler, 18.3.20)