Seit 15. März gibt es Zutrittskontrollen sowohl bei PatientInnen als auch bei MitarbeiterInnen am Wiener AKH. Das wird bereits bei den U-Bahn-Ausgängen angekündigt. Die Ambulanzbesuche wurden auf medizinisch notwendige Untersuchungen und Therapien reduziert und die planbaren Operationen verschoben.

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"Im AKH Wien gibt es umfangreiche Krisenpläne, die über das Intranet allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zugänglich sind", sagt Gabriela Kornek, ärztliche Direktorin des Allgemeinen Krankenhauses (AKH) Wien. Das größte Spital des Landes war in den vergangenen Tagen mit Kritik konfrontiert.

Mehrere Mediziner hatten Befürchtungen geäußert, man sei nicht auf die vielen Coronavirus-Infizierten vorbereitet, die in den nächsten Wochen behandelt werden müssen. "Wir können gut mit Krisen umgehen und üben auch solche Krisensituationen regelmäßig", entgegnet nun Kornek. Der Krisenmodus ist mittlerweile auch am Dienstplan des Personals ersichtlich: Seit Mittwoch gebe es an allen Kliniken eine Diensteinteilung, wo Teams in Gruppen so eingeteilt sind, dass, wenn eine Gruppe in Quarantäne müsste, sofort eine andere gut und sicher übernehmen kann, erläutert Kornek gegenüber dem STANDARD.

Betrieb läuft

Der Betrieb am AKH Wien sei weiterhin zu hundert Prozent aufrecht, so Kornek. Sämtliche Kontaktpersonen der zwei Covid-19-positiven AnästhesistInnen seien bereits getestet worden. Diese Kontaktpersonen seien mit Stand Mittwoch alle negativ. Die beiden AnästhesistInnen zeigten einen milden Verlauf und befänden sich in Heimquarantäne. "Die negativ getesteten Personen dürfen auf freiwilliger Basis und unter Einhaltung besonderer Vorsichtsmaßnahmen – wie Tragen eines Mundschutzes, mehrmals täglich Fiebermessen sowie täglicher Virustest – wieder im AKH Wien tätig sein", so Kornek. Der Weiterbetrieb der Stationen, an denen die positiv getesteten MitarbeiterInnen tätig waren, habe zusätzlich durch vorgenommene Verlegungen von PatientInnen innerhalb der Abteilung bis auf weiteres sichergestellt werden können. Keine PatientInnen seien betroffen, alle seien negativ.

Als absolute Sondersituation bezeichnet Markus Pederiva, ein Sprecher des Krankenanstaltenverbunds (KAV), die Lage aufgrund des Coronavirus. Auch er beruhigt. "Wir sind selbstverständlich auf die Behandlung von Patienten mit Infektionskrankheiten vorbereitet", sagt er zum STANDARD. In allen Spitälern Wiens würden laufend Maßnahmen gesetzt. Oberstes Ziel sei, die Kontaktmöglichkeiten der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des KAV mit Covid-Verdachtsfällen zu minimieren. Wesentlicher Bestandteil seien dabei die in der vergangenen Woche in Kraft gesetzten Zugangskontrollen und das generelle Besuchsverbot. Als letztes Spital hat am Mittwoch das Otto-Wagner-Spital die Eingangsschleusen umgesetzt.

Eigenverantwortung aktivieren

Ärztinnen und Ärzte, Pflegerinnen und Pfleger seien außerdem aufgerufen, eigenverantwortlich zu handeln und bei entsprechender Symptomatik, etwa Fieber, nicht zum Dienst zu erscheinen. Außerdem habe man bereits vor Wochen Dienstanweisungen erlassen, nicht in betroffene Gebiete zu reisen. Mit Stand Dienstagabend waren rund 200 Personen im KAV aufgrund von möglichen Coronavirus-Kontakten dienstfrei gestellt. Tests auf das Coronavirus bei Mitarbeitern erfolgen laut dem Sprecher nicht flächendeckend, aber jedenfalls, wenn ein Verdachtsfall vorliegt. Ein solcher ist etwa dann gegeben, wenn es Kontakt zu einer positiv getesteten Person gegeben hat.

Derzeit ist in Wien nur die Gynäkologische und Geburtshilfliche Station am Donauspital vorübergehend geschlossen. Dort wurden elf Personen positiv getestet, davon acht Spitalsmitarbeiter.

Auch Günther Laufer, Leiter der Abteilung für Herzchirurgie im AKH, sieht die Lage in Österreichs größtem Spital nicht so drastisch wie in den vergangenen Tagen kommuniziert. Er war ebenfalls Teilnehmer des Kongresses in Zürs am Arlberg, an dem jene zwei Ärzte teilgenommen hatten, die nun positiv getestet wurden. Zwar habe es bereits eine Empfehlung des Hauses gegeben, keine Dienstreisen mehr anzutreten, die nicht unbedingt notwendig wären. Man habe sich dennoch dazu entschieden, den Kongress abzuhalten. Mehrere Ärzte der Medizinischen Universität Wien waren verantwortlich für das wissenschaftliche Programm.

Höheres Risiko beim U-Bahn-Fahren

"Das Risiko, sich in Zürs anzustecken, wird als geringer eingeschätzt als in der U6 auf dem Weg in die Arbeit oder in einem vollen Lift." Es seien nie mehr als 40 Personen in einem Raum gewesen. Nachdem sich die Fälle in Tirol häuften, habe man bereits am zweiten Tag nach Kongressbeginn die Veranstaltung abgesagt – teils aus Angst vor Ansteckung, teils davor, in Quarantäne gestellt zu werden. Die zehn Ärzte des AKH hätten sich individuell auf den Heimweg gemacht. Laufer ist mit dem Pkw nach Wien gefahren. Jene Ärzte, die positiv getestet wurden, fuhren mit dem Taxi nach St. Anton, suchten dort einen Supermarkt auf und traten schließlich die Heimreise via Zug an.

Laufer findet es nicht nur negativ, dass zwei Kollegen nun Corona-positiv sind. Sie würden dadurch eine Immunität entwickeln und könnten nach Abklingen der Erkrankung – der Verlauf sei ein leichter – wieder eingesetzt werden. "Ärzte mit Immunität gegen das Coronavirus sind ein Gewinn für die Zukunft", sagt er zum STANDARD.

Schutzkleidung kommt

In Sachen Schutzkleidung sieht er das AKH gerüstet. "Wir verfügen über eine ausreichende Anzahl an Schutzmasken und Schutzausrüstung", so Kornek. Aber natürlich müsse man die vorhandene Ware gut aufteilen, weshalb manche Berufsgruppen im Krankenhaus vielleicht das Gefühl hätten, nicht optimal versorgt zu werden.

Die Lage dürfte sich diesbezüglich aber ohnehin ein wenig entspannen. Deutschland hat in der Zwischenzeit erste Ausfuhrgenehmigungen für wichtige medizinische Schutzausrüstung erteilt. Erste Lkws damit seien auf dem Weg nach Österreich, teilte das Wirtschaftsministerium in Wien am Mittwoch mit. Am Dienstag hatte es geheißen, die Lkws hingen an der Grenze fest. (Karin Pollack, Rosa Winkler-Hermaden, 18.3.2020)