"Man kann ja nicht sagen, jetzt geht die Welt unter." Matthias Naske übt sich in Zuversicht.

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Während im geschlossenen Wiener Konzerthaus kein Ton erklingt, rauchen in seinen Planungsgruppen die Köpfe. Die Verordnung der Bundesregierung, die das öffentliche Leben auf ein Minimum reduziert, stoppte den Betrieb und zog gewaltige Umplanungen nach sich, erzählt Konzerthauschef Matthias Naske: "Wir versuchen zu retten, was zu retten ist. Wenn Konzerte so stark sind, dass sie auch im Sommer funktionieren würden, werden wir sie veranstalten. Das Lang-Lang-Konzert etwa konnten wir verschieben. Es sind aber schon unglaubliche Puzzlearbeiten. Das Haus lebt ja davon, dass es ohnedies besonders ausgelastet wird, die Ereignisse trafen uns in voller Fahrt. Die Ausfälle der Konzerte bedeuten für März eigentlich 800.000 Euro weniger. Dadurch, dass manche Veranstaltung verschoben werden konnten, sind es zurzeit 650.000 Euro Einnahmenausfall. Der März ist ein starker Monat, der einen sehr hohen Deckungsbeitrag zur Finanzierung der Gesamtkosten leistet."

Pläne stehen

Die Pläne für die kommende Saison jedenfalls stehen: Geigerin Janine Jansen, Pianist Brad Mehldau, Flötist Emmanuel Pahud und Dirigent Semyon Bychkov (mit der Tschechischen Philharmonie) sind die Hauptkünstler. Neu ist zwar vieles, aber besonders neu etwa auch die Reihe Atmosphères. Hier werden traditionelle Komponierkonzepte mit Elektronik verbunden. Beim Zyklus Singer-Songwriter female werden wiederum Ankathie Koi, Lylit, Mira Lu Kovacs, Violetta Parisini, Sigrid Horn und Alicia Edelweiss auftreten. Und neu ist auch der Zyklus Allez Hop, der sich an die Kleinsten (Drei- bis Fünfjährige) wendet. Für Inhalte sorgt unter anderen Trompeter Thomas Gansch.

Ansonsten sind in der kommenden Saison 2020/21 wie in den letzten Jahren arrivierte Künstler aus allen Bereichen dabei, unter anderen Pianist Igor Levit. Und: Kurzfristig will man für die schwere Zeit auch Streamingangebote anbieten: "Was schon aufgenommen ist, kann man natürlich senden. Wir sind im Gespräch mit Organisationen, die Dinge aufgenommen haben", so Naske, der meint, dass man – wenn alles vorbei sein wird – das Konzerthaussystem schnell wieder hochfahren könnte.

Einige Wochen des Stillstands

"Wir sind schnell und fit. Ich glaube natürlich, dass es weitergehen wird. Man kann ja nicht sagen, jetzt geht die Welt unter. So ist es ja auch nicht. Es ist aber eine schwierige Situation, es gibt ja durchaus fundamentale Unterschiede zwischen einzelnen Institutionen. Manche sind gut abgesichert durch Subventionen, wir sind es weniger. Es wird Hilfe brauchen von öffentlicher und privater Hand. Es kommen ja maximal zwölf Prozent der Gelder von der öffentlichen Hand. Wir haben das Haus über Jahre entschuldet, und ich möchte nicht wieder in Schulden gehen. Es beschäftigt uns natürlich die Ungewissheit, wie lange dieser Zustand andauern wird. Wir sind vernünftig genug, um zu wissen, dass es nicht ganz kurz sein wird. Dass es nach Ostern wieder losgeht, kann man nur hoffen."

Naske rechnet aber eher "noch mit einigen Wochen des Stillstands". Bis Ende April kann man die Fixkosten – vorrangig das Personal – aus der jüngst aufgebauten Liquidität bestreiten, danach müsse man mit dem Betriebsrat über Maßnahmen nachdenken.

Mit der Länge der Krisenphase hängt auch zusammen, wann etwa das Projekt der neun Beethoven-Symphonien mit Teodor Currentzis nachgeholt werden kann. "Wir sind beim Analysieren. Es geht sich vielleicht zu Beginn der Saison aus. Man muss sehen, was jetzt bei den Salzburger Festspielen passiert, wo er auch engagiert ist. Alles hat ja seine Folgewirkung. Ich wünsche den Salzburger Kollegen, dass sie die Jubiläumssaison '100 Jahre Festspiele' intakt über die Bühne bringen können. Noch gibt es kein Indiz, dass das nicht klappen könnte. Sorgen machen die sich aber sicher auch", sagt Naske, der auch über Zeichen der Solidarität berichten kann. "Es gibt Leute, die sagen: 'Ich lasse euch jetzt einmal das Geld, das ich für Karten ausgegeben habe im März, ich brauch es gerade nicht'", so Naske, der mit Künstlern gemeinsam auf der Konzerthaus-Homepage in einem Film das neue Programm vorstellt. (Ljubiša Tošić, 18.3.2020)