Der Flughafen in Lissabon bei Johannas Ausreise. Im Gebäude sind kaum Menschen unterwegs, alle tragen Mundschutz und Handschuhe.

Foto: Johanna B.

Ein Auslandssemester in Portugals Hauptstadt Lissabon – vor sechs Wochen ist die 24-jährige Johanna B. aus Imst in Tirol zu diesem Abenteuer aufgebrochen. Nach gerade einmal eineinhalb Monaten saß sie am Mittwoch aber bereits wieder im Flieger zurück. Der Grund: das Coronavirus.

"Wir waren nicht sicher: Sollen wir wirklich zurück?"

Wie in Österreich ist in Portugal der Ernst der Lage erst langsam ins Bewusstsein der Menschen durchgesickert. Bis jetzt zählt das Land 448 Fälle (Stand Mittwoch), ein Mensch ist an der Krankheit gestorben. Johanna, die gemeinsam mit ihrem Freund in Lissabon war, ist bis vor einer Woche noch normal zu Lehrveranstaltungen gegangen. Als am Donnerstag die österreichische Regierung die Maßnahmen gegen das Virus verkündete, wurden die beiden Tiroler hellhörig. Sie überlegten erst noch, ob es vernünftig sei, nach Tirol zurückzukehren. "Wir waren nicht sicher, sollen wir wirklich zurück? Tirol ist gerade eines der Krisengebiete. Wir haben uns gefragt, ob wir nicht besser in Portugal bleiben." Das Paar hat schließlich mit der österreichischen Botschaft und der zuständigen Erasmusstelle Kontakt aufgenommen. Der Tenor lautete: "Man uns gesagt, wir sollen auf jeden Fall schauen, dass wir zurückkommen", erzählt Johanna.

"Als ich vorm Supermarkt anstehen musste, wurde mir mulmig"

Zusätzlich ausschlaggebend für Johanna war, dass auch die Stimmung in Portugal immer angespannter wurde. Die Universitäten bleiben dort jetzt ebenfalls bis auf weiteres geschlossen, auch die Grenzen werden langsam dichtgemacht. Richtig bewusst wurde Johanna die Situation, als die Supermärkte plötzlich nur noch 25 Personen auf einmal ins Geschäft ließen – um Chaos durch Hamsterkäufe zu verhindern. "Als sich die Ereignisse so überschlagen haben, dachte ich schon kurz, ich komme vielleicht nicht mehr nach Hause", sagt Johanna. "Die österreichische Botschaft in Lissabon und das Erasmusbüro waren aber zum Glück der Wahnsinn. Das hat mich wirklich beruhigt. Da dachte ich mir, deshalb will ich zurück nach Österreich. Hier funktioniert das Land in Krisensituationen. In Portugal war ich mir da leider nicht sicher."

"Plötzlich fand ich es komisch, dass keiner eine Maske trägt"

Als Johanna schließlich die Heimreise antreten konnte, war der Flughafen in Lissabon nicht mehr derselbe wie nur wenige Wochen zuvor. "Wir mussten vor dem Gebäude warten. Nur wessen Flug unmittelbar bevorstand, durfte hinein", erzählt sie. Alle hätten Masken und Handschuhe getragen, "teilweise sogar bunte Gartenhandschuhe, das war schon fast wieder komisch". Im Flieger waren alle Passagiere durch mindestens einen Sitzplatz getrennt, das Flugzeug nur zur Hälfte voll. Ansonsten lief bei der Reise aber alles nach Plan – der Flieger landete pünktlich in Wien. Hier wunderte sich die Heimkehrerin dann: "Fast niemand trägt hier eine Maske. Das ist in Portugal ganz anders."

"Ich habe keine Ahnung, was auf mich zukommt"

Als Johanna dem STANDARD ein Interview gibt, sitzt sie gerade im ÖBB-Railjet von Wien nach Imst. Sie hat ein ganzes Abteil in der ersten Klasse für sich, erzählt sie: "Ich konnte nur noch Erste Klasse buchen, ob das aus Sicherheitsgründen war, weiß ich nicht." Sie ist froh, bald bei ihrer Familie zu sein, sagt sie. Dennoch schaut sie auch vielen Ungewissheiten entgegen. "Ich weiß nicht, wie ich dieses Semester auf der Uni abschließen soll. Die Kurse in Portugal kann ich nicht beenden, für die in Innsbruck bin ich zu spät dran. Wenn sich hier keine Lösung findet, verliere ich ein ganzes Semester." Trotzdem ist sie sicher, dass der Erasmus-Abbruch die richtige Entscheidung war: "Auch wenn ich in eine Krisenregion heimfahre, fühlt es sich richtig an. Ich weiß einfach, wenn etwas passiert, ist dort jemand für mich da." (Antonia Rauth, 19.3.2020)