Bisher landete Trinkgeld für Handelsmitarbeiter in der Regel in allgemeinen Spendentöpfen.

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Wien – Sie räumen im Akkord Regale ein, schlichten Lebensmittel, reinigen die Filialen, erhöhen das Tempo an den Kassen, beruhigen aufgebrachte Kunden und schlichten Streit um Klopapier: Mitarbeiter in Supermärkten und Drogerien arbeiten dieser Tage unter Hochdruck. Die Gewerkschaft sieht viele am Ende ihrer Kräfte. In sozialen Medien wächst der Kreis an Konsumenten, die sich für das Engagement erkenntlich zeigen wollen. Manifestieren soll sich das in Trinkgeld.

Einzelne Einzelhändler lassen dies nun zu, allerdings mit Bauchweh. Denn rechtlich gesehen sind finanzielle Gaben der Kunden an Mitarbeiter der nach wie vor geöffneten Supermärkte, Apotheken und Drogerien heikel. "Es ist ein Graubereich", erläutert DM-Sprecher Stefan Ornig auf Anfrage des STANDARD. Da aber unter Konsumenten der Ruf nach Trinkgeld lauter werde, wolle man dies ermöglichen und weiche daher interne Regeln dazu auf. Ob das der Branche auf den Kopf fällt, weiß sie noch nicht.

Fall für die Steuer?

Rewe schlägt in dieselbe Kerbe. Trinkgeld an die Mitarbeiter ist künftig möglich. In welcher Form es der Lebensmittelkonzern seiner Belegschaft zukommen lässt, wird intern erst abgeklärt. "Müssen wir es versteuern, wäre das sicher nicht Sinn der Sache", gibt Rewe-Sprecher Paul Pöttschacher zu bedenken.

Spar will sich darauf derzeit lieber nicht einlassen. "Wir schauen auch so gut auf unsere Mitarbeiter", betont Konzernsprecherin Nicole Berkmann. Mehr Freundlichkeit der Kunden, nette Gesten und ein ehrlich gemeintes Danke an die Beschäftigten helfen aus ihrer Sicht mehr.

Bisher in Spendentöpfe

In der Dienstleistung ist Trinkgeld im Kollektivvertrag klar geregelt, es kann pauschal versteuert werden. Anders sieht es im Handel aus. Rechtskonforme Lösungen gab es dafür hierzulande bisher nicht. Was Kunden freiwillig mehr zahlten, landete in der Regel in allgemeinen Spendentöpfen. Im Zuge der Corona-Krise ist aber eine neue Regelung in Arbeit. Sie könnte bewirken, dass kleine Beträge wie Trinkgeld künftig auch im Handel steuerlich nicht mehr relevant sind.

Fehlender Respekt

Abseits von Gesten finanzieller Natur ersucht der Handel an anderer Front um mehr Rücksichtnahme. Man möge doch den Ärger über kurzzeitig leergeräumte Regale nicht an den Mitarbeitern auslassen, die ohnehin leisteten, was in ihren Kräften stehe, heißt es aus der Branche. Auch der Usus, Kosmetik wie Lippenstifte und Cremen in den Filialen zu öffnen und an sich zu testen, sei in Zeiten wie diesen respektlos. (Verena Kainrath, 19.3.2020)