In letzter Zeit gibt Wodarg vermehrt Interviews gegenüber Verschwörungsseiten wie "Ken FM".

Foto: Screenshot/wodarg.com

Zum Coronavirus Sars-CoV-2 kursieren zahllose Informationen. Doch in der Flut an Daten und Empfehlungen finden sich auch immer wieder Inhalte, die schlicht falsch oder zumindest sehr problematisch sind. Ein Fall von Letzterem sind virale Videos, die in sozialen Netzwerken im deutschsprachigen Raum die Runde machen.

In den Clips wird der Arzt Wolfang Wodarg zu den Maßnahmen befragt, die Deutschland gegen die Ausbreitung des Virus setzt und die sehr ähnlich ausfallen wie jene der österreichischen Bundesregierung. Diese seien, befindet Wodarg, übertrieben. Auch bei einem positiven Test auf eine Infektion mit dem Virus müsste nicht gleich Quarantäne verordnet werden, meint er. Zudem deutet er an, dass die chinesische Regierung in Zusammenhang mit dem Ausbruch des Virus stehe. Seine Aussagen sorgen bei Experten für viel Kritik, berichtet "Mimikama".

Nicht besonders – aber neu

Als Internist und Lungenspezialist wäre die fachliche Ausbildung von Wodarg eigentlich nahe am Thema. Doch seine Einschätzungen werden auf breiter Front nicht geteilt. Worin die Kritiker übereinstimmen, ist, dass die Gefährlichkeit des Virus für sich längst nicht vergleichbar ist mit Sars und es gewisse Ähnlichkeiten zur Grippe gibt. Dann gehen die Meinungen allerdings auseinander.

Denn Sars-CoV-2 mag zwar für sich nicht besonders sein, der Virus ist jedoch neu entstanden und das menschliche Immunsystem daher darauf nicht vorbereitet. Während es gegen die Grippe dank der Entwicklung von Impfstoffen eine Grundimmunität in der Bevölkerung gibt, ist dies hier nicht der Fall.

Was bei jüngeren Menschen, deren Immunsystem schneller lernt, kaum ein Problem darstellt, kann für ältere Menschen und Personen, die aus verschiedenen Gründen ein eingeschränktes Immunsystem haben, zu ernsthaften Problemen führen, heißt es bei "Spektrum".

Massive Ausbreitung als Gefahr

Die Gefahr liegt daher in der massiven Ausbreitung, die durch Quarantänemaßnahmen und Selbstisolation eingeschränkt und verlangsamt werden soll. Denn andernfalls droht eine Anhäufung schwerer Verlaufsfälle, die das Gesundheitssystem über seine Grenzen hinaus fordern könnte.

Greifbar macht diese Erklärung Alexander Schroers, der eine Praxis für integrative Medizin leitet: "Ich selber komme aus Essen. Essen hat 600.000 Einwohner. Wenn 60 Prozent Corona kriegen würden und von denen fünf Prozent ins Krankenhaus müssten, dann müssten in einer Stadt wie Essen 15.000 Leute ins Krankenhaus. Das ist zumindest auf einen kurzen Zeitraum nicht machbar."

Auch Simulationen der "Washington Post" veranschaulichen, wie verschiedene Maßnahmen die Verlaufskurve beeinflussen. Zu bedenken ist weiters die Gefahr einer gefährlichen Mutation von Sars-CoV-2, die mit der Zahl der Ansteckungen steigt.

Wodarg bleibt bei seinen Aussagen

Wenig begeistert von Wodargs Wortmeldungen zeigt sich auch Karl Lauterbach, sein SPD-Parteikollege, der vor seinem Einzug in den deutschen Bundestag das Institut für klinische Epidemiologie an der Universitätsklinik Köln geleitet hat. Er bezeichnet die Äußerungen als "blanken Unsinn".

SPD-Fraktion im Bundestag

Auch die Rechercheplattform "Correctiv" hat sich mit Wodargs Aussagen auseinandergesetzt und sammelte ebenfalls Kritik mehrerer Experten. Gegenüber dem Medium gibt Wodarg an, dass er nur zeigen wolle, dass es immer schon Coronaviren gegeben habe. Von seinen Äußerungen rückt er nicht ab. (gpi, 19.3.2020)