Und jetzt schon wieder so ein bombastischer Slogan: Koste es, was es wolle! Niemand kann sagen, wer ES ist und was ES will. Die Regierung wollte vor ein paar Tagen vier Milliarden zur Rettung der Wirtschaft im Gefolge der Corona-Krise ausgeben, dann 38 Milliarden. Auch wenn sich der Schmerz über das entschwundene Nulldefizit in Grenzen hält, gibt es irgendwo Grenzen, die dem rettenden Wollen einer Regierung gesetzt sind. Und wenn es doch noch zu einer Budgetrede kommt, werden wir sie vielleicht kennenlernen. Der Gouverneur der Nationalbank will es der Regierung mit der Anwendung von Joseph Schumpeters Theorie der schöpferischen Zerstörung leichter machen, wonach nur überlebensfähige Firmen überleben sollen. Das wird noch spannend.

So sehr wie die allmählich aufkommende Frage nach dem Nachher: ob das Virus Österreich, Europa, ja die Welt verändern wird und, wenn ja, wie. Das Virus wird natürlich nichts verändern außer die menschlichen Körper, in die es eindringt. Veränderungspotenzial hat, was gegen seine Ausbreitung unternommen oder unterlassen wird – und das ist schlicht Politik, und diese ist, wie auch außerhalb von Krisenzeiten, kritisch zu hinterfragen.

Die Überwachungsmaßnahmen, die in der Corona-Krise gesetzt werden, sollten mit demokratischer Vorsicht verfolgt werden.
Foto: imago images/Jochen Tack

Das sollte man bei all den gegenwärtig populären Forderungen nach einem Denken im patriotischen Gleichschritt nicht außer Acht lassen, denn das Virus wird früher oder später vorübergehen, aber die Folgen von Maßnahmen, die nun und vielleicht demnächst zu seiner Bekämpfung gesetzt werden, könnten bleiben und auf eine eher unschöpferische Zerstörung von Werten hinauslaufen, die vor nicht allzu langer Zeit mühsam errungen wurden.

Durchgepeitschte Gesetze

Dabei denkt man zunächst an die Mauern, hinter denen sich die Mitgliedsstaaten der EU nun verschanzen, an die Grenzkontrollen und Einreiseverbote, gelegentlich angewendet in einer menschenfeindlichen und allen gemeinsamen Regeln widersprechenden Weise. Solche Beschränkungen mögen derzeit zum Schutz der Bevölkerungen nötig sein, aber es gab und gibt in Europa politische Kräfte, denen die Freizügigkeit von Personen immer ein Dorn im Auge und die Aufnahme von Flüchtlingen Teufelswerk am eigenen Volk war und ist, besonders von solchen aus bestimmten Ländern. Die vom Schusswaffengebrauch an der Grenze träumen, ohne darin einen Albtraum zu sehen.

Ebenfalls mit demokratischer Vorsicht sollte man die Überwachungsmaßnahmen verfolgen, die in der Corona-Krise gesetzt werden. Im Schnellverfahren durchgepeitschte Gesetze, die Grundrechte außer Kraft setzen, sind zulässig, von der Verfassung und von der Menschenrechtskonvention gedeckt – um des Virus willen. Aber hat man nicht auch schon gehört, für Menschen in Not bräuchte die Menschenrechtskonvention nicht zu gelten? Kaum werden Menschenansammlungen verboten, wartete A1 als Lieferant von Bewegungsprofilen auf. Rechtliche Grundlagen? Na ja.

Wie jedes andere Virus wird die Welt auch Corona in den Griff kriegen. Wie sie danach aussehen wird, darüber sind sich die Philosophen noch uneins. Die haben die Welt schon immer verschieden interpretiert. An den Regierungen läge es, sie in eine menschlichere zu verändern. Dafür stehen sie unter Quarantäne. (Günter Traxler, 20.3.2020)