In der vierten Folge der Amazon-Serie "Hunters" (2020) entfernt ein Gestapo-Mann in einer Rückblende Gustav Klimts Porträt Mäda Primavesi (1912/13) von der Wand.

Foto: Screenshot „Hunters“ (2020, Amazon Prime)

Das Bildnis der "Kleinen Primavesi" war 1938, per Exekution zur Finanzierung der Reichsfluchtsteuer, der Seidenfabrikantin Jenny Steiner entzogen worden. 1951 kam es zurück in Familienbesitz und gelangte 1964 als Schenkung an das Metropolitan Museum of Art (New York).

Foto: Metropolitan Museum of Art

Die internationale Bekanntheit Gustav Klimts spiegelt sich bisweilen auch in der Filmbranche. Sei es über Raoúl Ruiz’ Filmporträt (2006), in der Klimt (John Malkovich) am Totenbett sein Leben Revue passieren lässt. Oder Die Frau in Gold (2015) in der Regie von Simon Curtis, ein Spielfilm, der die Causa Bloch-Bauer und den Kampf um die Rückgabe mehrerer Klimt-Gemälde skizziert.

Dass in diesen Filmen (reproduzierte) Werke des Künstlers zu sehen sind, ist nachvollziehbar. Vereinzelt entdeckt man sie aber auch unerwartet und ohne erkennbaren Zusammenhang zu dem jeweiligen Film. Solche Auftritte sind symbolischer Natur und währen nur wenige Sekunden: etwa in Ocean’s Twelve (2004) oder aktuell in einer Folge der Amazon-Serie Hunters.

Um das legendäre Porträt von Adele Bloch-Bauer tobte ein jahrelanger Rechtsstreit, bis es 2006 an die Erben restituiert wurde: Für 135 Millionen Dollar fand es in Ronald Lauders Privatmuseum "Neue Galerie New York" eine neue Heimat.
Foto: Neue Galerie NY

Für Ocean’s Twelve (Regie Steven Soderbergh) bedarf es zum Verständnis einer Rückschau auf den ersten Teil (Ocean’s Eleven, 2001), in dem Danny Ocean (George Clooney) und sein Team dem Kasinoeigner Terry Benedict (Andy Garcia) in einem Coup 160 Millionen Dollar abknöpfen. In der Fortsetzung hatte Benedict die Identität der Täter herausgefunden und forderte die Rückzahlung samt Zinsen, obwohl seine Versicherung für den Schaden aufgekommen war.

Trophäe bei "Oceans Twelve"

Das Geld wird von Ocean und Co über ein weiteres Husarenstück aufgetrieben. Im Epilog erhascht man im Moment der Scheckübergabe (198.427.084,32 Dollar) an Benedict einen Blick auf ein Kunstwerk im Hintergrund: Gustav Klimts legendäres goldenes Bildnis der Industriellengattin Adele Bloch-Bauer.

Assoziativ muss man eine Reproduktion aufgrund des Vermögens des Kasinobosses wohl ausschließen. Eher dürfte er sich die Original-Trophäe als Trost für all den Ärger gegönnt haben, finanziert über Schadensersatz der Versicherung.

2004 und damit noch während des Restitutionsdisputes, bekam Adele Bloch-Bauer in Steven Soderberghs "Ocean’s 12" (Originaltitel "Ocean’s Twelve") einen "Auftritt".
Foto: Screenshot „Oceans Twelve“ (2004, Warner Bros.)

Bemerkenswert ist "Adeles" Auftritt jedoch aus zeitlicher Perspektive. Denn der Film kam im Dezember 2004 in die Kinos, als das Porträt der 1925 Verstorbenen noch im Belvedere hing. Es gehörte zu einer Gruppe von insgesamt fünf Klimt-Gemälden, die einst dem Zuckerindustriellen Ferdinand Bloch-Bauer gehörten, dessen Sammlung in der NS-Zeit beschlagnahmt worden war. Eine Rückgabe blieb seinen Erben Jahrzehnte verwehrt.

Zuletzt hatte sich der Kunstrückgabebeirat im Juni 1999 dagegen ausgesprochen. Die Causa landete namens der Erben vor Gericht, zuerst in Österreich und später in den USA. 2004 lief der Disput noch auf Hochtouren, ein Ende war nicht absehbar. Vergleichsverhandlungen scheiterten, bis sich die Erben und die Republik auf ein Schiedsverfahren einigten. Im Jänner 2006 fiel das Urteil zugunsten der Rückgabe.

Das im Laufe des Verfahrens zur "Mona Lisa der Moderne" stilisierte Porträt von 1907 verkauften die Erben um 135 Millionen Dollar an Ronald Lauder. Seither hält die "Golden Lady" in der "Neuen Galerie New York" Hof. Der Kaufpreis war damals der weltweit höchste je für ein Kunstwerk bezahlte und hievte Klimt-Werke in die Top-Liga des internationalen Marktes.

Das international zur "Mona Lisa der Moderne" stilisierte Porträt hing im Büro des vermögenden Casinoeigners Terry Benedict (Andy Garcia).
Foto: Screenshot „Oceans Twelve“ (2004, Warner Bros.)

Im Falle der jüngst angelaufenen US-amerikanischen Serie Hunters gibt in der vierten Folge der ersten Staffel ein etwas weniger bekanntes Gemälde von Gustav Klimt sein Filmdebüt: das 1912/13 entstandene Porträt von Mäda Primavesi aus dem Bestand des Metropolitan Museums of Art (New York).

Hunters spielt im New York des Jahres 1977, wo eine Gruppe einst vom NS-Regime Verfolgter Nazis jagen, die sich der Bestrafung für ihre Verbrechen entzogen haben. Letztere infiltrieren sowohl Institutionen als auch die Regierung, um ein "Viertes Reich" zu errichten.

Mädas symbolischer Auftritt

"Inspiriert von wahren Begebenheiten", so Amazon. Die Idee dazu hatte Schauspieler David Weil, der durch die Geschichte seiner Großmutter inspiriert wurde, eine Überlebende der KZs Auschwitz-Birkenau und Bergen-Belsen. Teils schrieb Weil die Drehbücher, teils schrieben auch andere Autoren daran.

Jenes zur vierten Folge Fromme Diebe schrieb Mark Bianculli. Darin geht es um einen fiktiven Schweizer Bankier namens Frederic Hauser (John Noble), der sein Imperium mit jüdischem Hab und Gut errichtete und noch immer mit Nazis kooperiert. Bei ihren Nachforschungen stoßen die Nazijäger rund um Mayer Offermann (Al Pacino) im Keller der in New York angesiedelten "Zürich international World Bank" auf ein riesiges Depot von Antiquitäten, Juwelen und Kunstwerken, die einst jüdischen Besitzern gestohlen wurden.

Eine in dieser Sequenz eingespielte Rückblende zeigt den Moment, in dem ein Gestapo-Mann das Porträt von Mäda Primavesi von einer Wand nimmt. Die Fiktion trifft dabei auf eine historische Realität. Das Gemälde wurde 1938, zusammen mit dem gesamten Vermögen der damaligen Eigentümerin, zur Deckung der Reichsfluchtsteuer vom Finanzamt Innere Stadt per Exekution eingezogen und 1941 vom Dorotheum versteigert. Im Depot eines Nazis befand sich das Bild jedoch nie, wie die Provenienzgeschichte zeigt, die mit der Dargestellten beginnt.

Sammlung Jenny Steiner

Dabei handelt es sich um die Tochter von Otto Primavesi, ein Bankier, Industrieller und Mäzen von Anton Hanak oder Gustav Klimt. Das von ihm beauftragte Bildnis seiner Tochter Gertrude, genannt Mäda, ist nicht mit dem 1913 gemalten ihrer Mutter Eugenia, deren Spitzname ebenfalls Mäda lautete, zu verwechseln. Nach Ottos Tod 1926 trennten sich die Wege der beiden Gemälde. Jenes von Eugenia blieb im Besitz der Familie und wurde 1987 über Sotheby’s für 3,85 Millionen versteigert.

Jenes von Mäda und andere Klimts der Primavesis übergab man vorerst zur Verwahrung bei einem Freund. Ab 1928 und im zeitlichen Umfeld der damaligen Gedächtnisausstellung des Künstlers in der "Neuen Galerie" (Wien) standen sie zum Verkauf. Das Bildnis von Mäda gelangte in die Sammlung von Jenny Steiner, einer aus Budapest gebürtigen und seit 1922 verwitweten Seidentuchfabrikantin.

Wie auf Basis von Sophie Lillies Recherchen beschrieben und in ihrem Handbuch der enteigneten Kunstsammlungen Wiens (Was einmal war, Czernin Verlag 2003) nachzulesen, hatten sich Jenny Steiner nach dem Zweiten Weltkrieg nicht nur um die Auffindung ihrer Kunstsammlung, sondern auch um deren Rückgabe bemüht. Bis zu ihrem Tod 1958 mit minderem Erfolg.

Mäda Primavesi war bei der Dorotheums-Auktion 1941 von den Städtischen Sammlungen für 2200 Reichsmark ersteigert worden. Das Rückstellungsverfahren verlief erfolglos, im Dezember 1948 lehnte das Oberlandesgericht Wien in letzter Instanz eine Rückgabe ab. Dass das Gemälde dennoch wieder in den Besitz der Familie Steiner kam, ist – in der Kurzfassung – einem Glück geschuldet. Konkret dem von 1949 bis 1967 amtierenden Direktor des "Historischen Museums" Franz Glück, der sich, quasi in informeller Anerkennung der Ansprüche, um eine Lösung bemüht hatte.

Vorerst gastiert das Gemälde als Leihgabe im Museum, 1951 kehrt es – gegen ein Vorkaufsrecht – zur Familie zurück, erklärt Lillie. 1964 gelangt Mäda in den Bestand des Metropolitan Museum of Art: über eine Schenkung von André und Clara Mertens, in Gedenken an ihre Mutter Jenny Steiner. Wie es zum Kurzauftritt bei Hunters kam, bleibt vorerst ungeklärt. Anfragen an das Museum in New York blieben unbeantwortet, und die Verantwortlichen von Amazon "können" sich auf Nachfrage "hierzu nicht äußern". (Olga Kronsteiner, 22.3.2020)