Derartige Bilder bleiben auf Österreichs Straßen momentan aus.

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Wien – Wenn die Bevölkerung von der Regierung dazu angehalten wird, zu Hause zu bleiben, um der ohnehin rasanten Verbreitung des Coronavirus entgegenzuwirken, öffnen sich für viele neue Zeitfenster. Beispielsweise zum Lesen, Putzen, aber auch zum Kochen. Wenn zusätzlich Restaurants geschlossen haben, wirkt sich das unweigerlich auf Lieferservices wie Mjam aus.

Als "dramatisch" beschreibt Mjam-Geschäftsführer Artur Schreiber die Lage in der österreichischen Gastronomielandschaft: "Jene Restaurants, wo Gäste hauptsächlich im Lokal essen, verzeichnen Umsatzeinbußen von bis zu 80 Prozent." Das sei auch nachvollziehbar, die Menschen hätten volle Kühlschränke und essen daheim.

Bestellungen bei Mjam

Die Option der Barzahlung hat Mjam bereits vergangene Woche eingestellt, das ist nur mehr online möglich. Die Zusteller haben die Anweisung, bestellte Speisen mit einem Sicherheitsabstand von zwei Metern vor der Wohnungstür abzustellen, damit keine Interaktion erfolgt. In noch offenen Restaurants ließe sich die Abholung kontaktlos abwickeln, meint Schreiber. Er hofft darauf, dass das Abholen auch weiterhin möglich bleibt.

Und die Bestellungen? "Die Bestellungen werden auf jeden Fall nicht mehr", sagt der Mjam-Geschäftsführer. Wenn Menschen vermehrt zu Hause kochen und der Großteil der Restaurants geschlossen hat, liegt die Vermutung, dass die Bestellungen abnehmen, auf jeden Fall sehr nahe.

Der Essenszusteller hatte vor der Coronavirus-Krise 2.800 Restaurants in Österreich an sein System angeschlossen. Wie viele es jetzt noch sind, könne er nicht beantworten. "Jedes Restaurant bewertet seine Lage jeden Tag neu." Die Bedeutung von Lieferservices hat in den vergangenen Jahren stark zugenommen, allein davon zu leben geht sich aber für praktisch niemanden aus.

Einsichtige Fahrer

Noch bis vor kurzem radelten in ganz Österreich fast 1.000 Radkuriere für Mjam. Genaue Zahlen zur momentanen Situation nennt Schreiber allerdings nicht. Man habe jedoch Kapazitäten für mehr Bestellungen. Es lässt sich ähnliches vermuten wie bei den Bestellungen. Nichtsdestotrotz lobt er das Engagement jener, die ihre Schichten fahren. Sie seien sich dieser schwierigen Lage bewusst und würden die daraus resultierenden Unannehmlichkeiten akzeptieren, sagt Schreiber.

Auf der anderen Seite verzeichnet Mjam gerade einen Zulauf von Neukunden, die noch nie über Mjam bestellt haben. "Lieferservice gewinnt momentan für jene an Bedeutung, die Kinder haben und von zu Hause aus arbeiten müssen. Und natürlich für all jene, die gerade eine Extraschicht nach der anderen schieben. Menschen in Krankenhäusern oder in der Lebensmittelbranche zum Beispiel", erklärt Schreiber.

Aber auch neue Restaurants zeigten Interesse, da momentan alle nach Lösungen suchen, um Essen zumindest zuzustellen, wenn sie schon keine Gäste im Lokal bewirten dürfen. Manche Wirte würden selbst Fahrer organisieren. "Jeder versucht irgendwie zu überleben." (Andreas Danzer, 20.3.2020)