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Foto: REUTERS/Leonhard Foeger

Ja, eh. Aber was soll man machen. Er ist nun einmal der Bundeskanzler und erregt als solcher eine gewisse Aufmerksamkeit, auch wenn ihm das völlig fernliegt. Klar, dass man dann auch eine gewisse Aufmerksamkeit erregt, wenn man ihn erwähnt. Peccavi, aber zur Buße bereit. Daher holen wir diesmal aus dem rhetorischen Gewürzschrank von "News" keinen Nehammer und keine türkise Ministerin, nein, sondern das absolute Kontrastprogramm zum Krisenkompagnon: Rudolf Anschober.

Gelegentlich ein bisschen lahm

Während andere Politiker ins Licht drängen (?) und sich dort erst so richtig entfalten, nützt das "grüne Urgestein" Interviews kaum, um für seine Überzeugungen zu werben. Er scheint nicht um gefälliges Auftreten bemüht, überzeugt nicht in erster Linie durch seine charmante Gesprächsführung. Meist schaut der ehemalige Volksschullehrer griesgrämig drein, er spricht ruhig und gelegentlich ein bisschen lahm, dafür scheint er der Sache verpflichtet.

Folgt man der Sprachprofilerin Tatjana Lackner in "News", ist klar: Also wie ein Fels in der Brandung wirkt er nicht. Dafür punktet der Sozialminister mit seiner schönen Stimmfarbe. Mit der richtigen Stimmmodulation könnte er leicht gezielt "Atmosphäre" schaffen. Aber er bleibt lieber der Sache verpflichtet, daher kommen die Aussagen häufig aus dem lehrmeisternden "Eltern-Ich". Laut Lackner ist er ein besonnener Rhetoriker mit Hang zur Lehrmeisterei. Da hat man schon unbesonnenere Lehrmeister erlebt. Und warum sollte er verleugnen, dass er einen Beruf erlernt hat? Sein Rededuktus klingt eher phlegmatisch, aber das hat auch Gutes: Im Falle von Corona kam ihm das klar entgegen. Er wirkte besonnen, beruhigend und hat viele Fragen gelungen "runtergekocht", wo andere hochkochen.

Fels in der Brandung

Zum Glück konnte der "Kurier" am Donnerstag die Scharte auswetzen, die "News" mit Anschober in Kanzlers Rhetorikcontrol geschlagen hatte. Zur Kanzler-Rhetorik gab es eine ganze Seite unter dem Titel Der "Fels in der Brandung"-Effekt, und zwar von einer, die sich seit Jahrzehnten mit Rhetorik und Sprache beschäftigt. Und jetzt– der Zufall: Tatjana Lackner .Sie befindet sich derzeit gerade in Australien in Corona-Quarantäne. Auch oder gerade deshalb hat sie einen distanzierten Blick darauf, wie einzelne Staatschefs versuchen, beides zu schaffen, nämlich: in der Krise zu beruhigen und der Bevölkerung dennoch den Ernst der Lage zu vermitteln.

Aus antipodischer Sicht wirkt manches erfreulicher als von oben. "Im Vergleich zu einem Donald Trump oder Australiens Regierungschef Scott Morrison wählt Kurz eine Sprache, die selbst für Kritiker durchaus angenehm ist", sagt Lackner im Gespräch mit dem "Kurier". Im Vergleich zu Trump oder Morrison bestimmt, aber gegen Griesgram Anschober schneidet er nicht so gut ab.

Um "News" zu übertrumpfen, verließ sich der "Kurier" nicht allein auf die Gewürzkrämerin, sondern zog mit Gerald Groß einen zweiten Rhetorik-Experten bei. Er befand, was dem Kanzler sonst als Defizit angekreidet werden könnte, nämlich eine "gewisse Steifheit im Auftritt und die Variantenarmut in der Mimik", sei nun auf seiner Haben-Seite. Groß nennt das den "Fels in der Brandung"-Effekt, sprich: manchmal ist es besser, wenn sich möglichst nichts ändert. Ob das in diese Zeit passt?

Enorme Chance für den Forscher

Da gibt es Wichtigeres, wie der "Trend" aufsehenerregend schon auf dem Cover berichtete: Josef Penninger – Der Virus-Jäger. Der Weltklasseforscher steht kurz davor, Corona zu besiegen. Im "Trend"-Interview erzählt er, wie ihm das gelingt. Leider bleibt offen, wie lange es noch bis zum Endsieg dauert, denn zunächst beschreibt er lediglich ausführlich, welche Hürden noch zu meistern sind und was er sich jetzt von der Politik erwartet. Das kann sich laut Penninger noch ziehen. Wir haben schon vor 15 Jahren eine Flasche geköpft, als wir erstmals den Mechanismus entdeckt haben, der jetzt Covid-19-Patienten heilen soll. Das Medikament APN01 wird laut "Trend" nun an den ersten zwölf Corona-Patienten in China getestet, und Penninger ist zuversichtlich. Ich glaube fest daran, dass es funktioniert, und der Glaube kann bekanntlich Felsen in der Brandung versetzen.

Und wenn, will "Trend" wissen, Sebastian Kurz zu Ihnen käme und Ihnen die Möglichkeit böte, eine Art Max-Planck-Gesellschaft zu gründen, mit Exzellenzforschung, die von Beginn weg mit mehreren Hundert Millionen Euro dotiert ist? Dies, so Penninger, wäre meiner Meinung nach eine enorme Chance für Österreich. Koste es, was es wolle. (Günter Traxler, 22.3.2020)