Das Coronavirus dürfte auch am Streaming-Markt für Verwerfungen sorgen.

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Soll man Netflix oder andere Videostreaming-Services eigentlich noch nutzen? Jetzt, wenn halb Österreich im Homeoffice arbeitet und dafür das Internet dringend braucht? Die Antwort darauf ist einfach: Ja – falls nämlich Probleme auftreten, werden Videos von den Internetanbietern und Mobilfunkern sowieso gedrosselt. Das bedeutet, dass sie nur nachrangig Bandbreite verbrauchen dürfen. Dafür hat die zuständige Telekombehörde RTR vergangene Woche ihren Segen erteilt. Zusätzlich liefern Netflix, Amazon und Youtube ihre Angebote bereits in geringerer Bildqualität aus, um so die Netze zu entlasten – Standard- statt HD-Auflösung reduziert die Datenmenge eines Videos drastisch. Ergänzend haben sämtliche Anbieter ihre Netzkapazitäten erhöht.

Es ist also nicht der beste Zeitpunkt, um ein neues Angebot auf den Markt zu bringen. Disney macht es trotzdem und startet am Dienstag Disney+. Um die Netze nicht zusätzlich zu belasten, wird ebenfalls die Bildqualität reduziert. In Indien und Frankreich wird der Start verschoben.

Frische Auswahl in Zeiten des Coronavirus

Disney+ könnte eine Hilfe in diesen Zeiten sein, da die Serien und Filme – mit Zeichentrickklassikern wie "Susi und Strolch", der "Star Wars"-Serie "The Mandalorian" oder der Doku-Serie "The World According to Jeff Goldblum" – eine perfekte Ablenkung und Unterhaltung für Kinder bieten, die schließlich auch beschäftigt werden müssen, während Eltern im Homeoffice oder im Supermarkt arbeiten.

Insgesamt bietet Disney+ mehr als 500 Filme und 300 Serien – allerdings meist nicht die neuesten Produktionen wie "Die letzten Jedi" oder "Black Panther". Die Kosten für den Streamingdienst belaufen sich auf 6,99 Euro im Monat und liegen damit unter denen der großen Konkurrenten. Ein Jahresabo kostet 69,99 Euro, "Frühbucher" zahlten zehn Euro weniger.

Neu gemischte Karten

Die Corona-Krise wird sich stark auf den Videostreamingmarkt auswirken. In Zeiten von Ausgangsbeschränkungen sind mehr Seher vorprogrammiert, auch werden Nutzerwanderungen steigen und es zu einem Anstieg der Piraterie kommt.

Bisher wurden durchschnittlich maximal zwei Streamingdienste abonniert und dafür unter 20 Euro ausgeben. Viele Abonnenten werden nun ihr Nutzungsverhalten den Veränderungen anpassen und ihre Dienste häufiger wechseln – hin zu dem, der gerade die spannendsten Inhalte bereitstellt. Diesbezüglich stehen Netflix und Amazon gut da. Für andere Anbieter, etwa AppleTV+, könnte der Mangel an Eigenproduktionen und anderen exklusiven Inhalten ein Problem werden. Besonders hart ist es für den Sportsender Dazn, dessen Programm-Highlights größtenteils abgesagt wurden.

Piraten und Passwort-Sharing

Schon jetzt sorgt die Krise für eine verstärkte Nutzung von Piratenseiten, die Inhalte sämtlicher Streaminganbieter und TV-Sender im Programm haben. Die wirtschaftlichen Auswirkungen der Krise werden die Nutzung auch noch steigen lassen, da sich so Geld sparen lässt. Auch wenn die Nutzung von einschlägigen Seiten nicht immer einfach ist und Seher ständig mit windiger Werbung belästigt werden.

Zusätzlich wird Password-Sharing noch relevanter. Schon jetzt teilen etwa zahlreiche Netflix-Nutzer ihre Zugänge – und Kosten. Bislang ist den meisten Streaming-Anbietern relativ gleichgültig, ob Nutzer verschiedene Konten teilen. Das große Ziel war Wachstum – und je mehr Menschen in die Angebote hineinschnuppern, desto besser ist das, zumindest aus Marketingperspektive. Wenn das internationale Wachstum jedoch abflaut und die Konzerne neue Kunden gewinnen müssen, könnten Maßnahmen gegen das Passwortteilen eingeführt werden. (Markus Sulzbacher, 23.3.2020)