Fendrich live Ende 2019.

Foto: Imago

"Dei' hohe Zeit ist lang vorüber/ Und auch die Höll' hast hinter dir/ Vom Ruhm und Glanz ist wenig über/ Sag' mir wer ziagt noch den Hut vor dir/ Außer mir/ I kenn' die Leut’, I kenn' die Ratten/ Die Dummheit, die zum Himmel schreit…"

Seit einigen Tagen spielt Radio Wien täglich um 18 Uhr "I am from Austria". Es handelt sich bekanntlich um die inoffizielle und zwischen Lochau und Hainburg, Litschau und Bleiburg von eifrigen Hörern des Kuchlradios und leider auch von auf Ibiza urlaubenden scheinheiligen Hurrapatrioten oft gründlich missverstandene Bundeshymne von Rainhard Fendrich. Bruce Springsteen kennt das Problem übrigens gut, er hat "Born in the USA" geschrieben.

In angemessener Lautstärke

In einer internen dienstlichen Mitteilung der Wiener Polizei zum Thema "Covid-19: Imageaktion der Wiener Polizei: ,I Am from Austria’" werden Beamte bei ihren Streifenfahrten bezüglich der dringenden Bitte an die Bevölkerung, doch zu Hause zu bleiben, gerade aufgefordert, das Lied ebenfalls um 18 Uhr über die Lautsprecher ihrer Einsatzfahrzeuge zu übertragen. In einer "der Umgebung angemessenen Lautstärke."

puffmutti

Diese Aktion ist bei den Wienern auf Social Media sensationellerweise auf breite Akzeptanz gestoßen. Man möchte angesichts einer Bewohnerschaft, bei der "Oasch", "Gusch" und "A Ruah is!" zu den am meisten gebrauchten Worten zählen, beinahe von einem kleinen Wunder sprechen. Das ist weiters erstaunlich, weil es sich bei "I am from Austria" immerhin seit drei Jahrzehnten um ein, sagen wir, sehr gefühliges und nahe an einem Durchhalteschlager aus Erbschleichersendungen angesiedeltes Lied handelt. Es brachte einen, zumindest früher mit dem Niki Lauda, nach der Landung aus fernen Ländern in Schwechat noch vor dem Verlassen des Flugzeugs auch wieder auf den Boden der Tatsachen zurück: "Da bin i her, da g’hör i hin…".

Für immer nicht nach Fürstenfeld

Eis von meiner Seel’, Gletscher im April. Apfel, Stamm. Wasser talwärts, Tränen von an Kind. Blut schnell, End’ der Welt: Stolz! Der Song bereitete einen sozusagen behutsam auf das Sudern des Taxifahrers auf dem Weg in die Stadt vor. Ohren zu und durch:

"Es war'n die Störche oft zu beneiden/ Heut' flieg' ich no viel weiter fort/ I seh' di' meist nur von der Weiten/ Wer kann verstehen, wie weh das manchmal tuat…" Nein, aufhören! Ich will für immer nicht "ham nach Fürstenfeld!"

Rainhard Fendrich

Heute erklingt das Lied öffentlich in leeren Parks, in den Wohnschluchten von Alterlaa oder weit drüben in den Wüsteneien von Hirschstetten. Der Wiener ist aufgrund eines gewissen Zweckoptimismus bereit, das Lied emphatisch hinzunehmen und sogar mitzusingen – auch abseits von Charterflügen, ja, sogar aus dem Lautsprecher eines Polizeiautos!

Die Polizei bleibt auf Sendung, wir bleiben Zuhause. Diesen Sonntag, 18 Uhr, beendet die Wiener Polizei übrigens offiziell diese PR-Aktion. Es bleibt den einzelnen Funkstreifen allerdings freiwillig überlassen, weiterhin I am from Austria abzuspielen.

Musik spendet Trost und Rat. Sie gibt auch Kraft. Von Zarah Leanders gutem alten Krisenhit "Davon geht die Welt nicht unter" über "Only Time" von Enya nach 9/11 bis herauf zur derzeit auch wieder vermehrt Trost und Rat spendenden Fussballhymne "You’ll never walk alone" und "I am from Austria" muss allerdings eines gelten: Die Gültigkeit des Songtexts "Waunst amoi nu so ham kummst…" von Seiler und Speer ist raschest möglich wiederherzustellen. (Christian Schachinger, 22.3.2020)