Auf Deutschlands Straßen soll es nun auch noch leerer werden. Gruppen sind nur noch in Größe von maximal zwei Personen möglich.

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Allgemeine, in ganz Deutschland gültige Beschränkungen beim Verlassen der Wohnung und des Hauses, ja oder nein? Das war jene Frage, über die in Deutschland angesichts der Coronakrise heftig diskutiert worden ist. Am Sonntag haben sich Bundeskanzlerin Angela Merkel und die 16 Ministerpräsidenten der Länder in einer Videokonferenz geeinigt. Vorgesehen ist nun in ganz Deutschland keine Ausgangssperre, sondern eine sogenannte Kontaktsperre. Ansammlungen von mehr als zwei Personen werden grundsätzlich verboten. Ausgenommen davon sind jedoch Familien und jene Personen, die gemeinsam in einem Haushalt leben.

Die Pressekonferenz der deutschen Kanzlerin Angela Merkel.
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Gastronomiebetriebe, sofern sie überhaupt noch geöffnet haben, werden bundesweit geschlossen, ebenso Friseure, Massage- wie Kosmetikstudios und Tattoostudios. Medizinische Behandlungen bleiben. Es ist auch weiterhin möglich, zur Arbeit zu gehen oder fahren, wenn Homeoffice nicht möglich ist. Aus Gaststätten kann Essen abgeholt werden. In der Öffentlichkeit muss ein Mindestabstand von 1,5 Metern eingehalten werden. Die Maßnahmen gelten zunächst für die kommenden 14 Tage und wurden auf der Internetseite der Bundesregierung veröffentlicht.

Kein Impfstoff, kein Medikament

"Wir alle sind uns des Ernstes der Situation bewusst", sagte Merkel nach der Besprechung. Sie räumte auch ein: "Niemand von uns hat sich gewünscht, je mit solchen Regelungen vor die Bürger treten zu müssen." Merkel wies darauf hin, dass es immer noch keinen Impfstoff und kein Medikament gebe. Daher gehe es nun darum, "das öffentliche Leben so weit herunterzufahren, dass es vertretbar ist". Ihrer Meinung nach hat die "überwältigende Mehrheit" verstanden, dass es nun auf jeden Einzelnen ankomme. Da viele Bürger sich eine einheitliche Vorgehensweise in Deutschland gewünscht hätten, kommen diese Leitlinien nun überall.

ORF-Korrespondentin Birgit Schwarz berichtet über die nunmehr drastischen Beschränkungen in Deutschland in Form von Kontaktverboten von mehr als zwei Personen, obschon es keine Ausgehverbote gibt.
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Der Streit ging schon einige Tage. Hintergrund: Im föderalen Deutschland sind für den Seuchenschutz die Länder zuständig. Die Kanzlerin oder Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) können keine bundesweiten Regelungen erlassen, sie haben nur die Möglichkeit zu mahnen, was sie bisher auch ausführlich getan haben. Tenor: Bleiben Sie zu Hause! Gefährden Sie nicht Ihr Leben und das von anderen. Doch vor dem Wochenende hielten sich nicht alle daran, es kam in unzähligen Parks, bei warmem Frühlingswetter, immer wieder zu Gruppenbildungen.

Gegen den Fleckerlteppich

Daraufhin preschte Bayerns Ministerpräsident und CSU-Chef Markus Söder vor und erließ im Alleingang Ausgangsbeschränkungen in Bayern. Seit Samstag dürfen die Menschen nur noch auf die Straße, um zur Arbeit zu fahren oder einzukaufen. Sport ist alleine aber möglich. Das Saarland zog kurz darauf nach.

Eigentlich hatten die Bundesländer solche Alleingänge und einen Fleckerlteppich vermeiden wollen. Doch Bayern sah wegen seiner Nähe zu Tirol und das Saarland wegen seiner Nähe zu Frankreich stärkeren Handlungsbedarf als etwa Hessen oder Sachsen-Anhalt, die inmitten von Deutschland liegen.

Söder berief sich beim bayerischen Vorgehen auf die Maßnahmen im Nachbarland Österreich. "Die Bilder aus Italien müssen uns eine Lehre sein", sagte Armin Laschet (CDU), der Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen, nach der Konferenz mit Merkel. Er machte klar: "Verstöße werden wir hart verfolgen mit Bußgeldern bis zu 25.000 Euro." Den Sinn des Kontaktverbots im Vergleich zu einer Ausgangssperre beschreibt er so: "Wir dürfen nicht die Vernünftigen überwachen, sondern müssen die Unvernünftigen bestrafen."

Merkel in Quarantäne

Kurz nachdem sie die neuen Regeln vorgestellt hatte, meldeten deutsche Medien, dass die Kanzlerin unter Quarantäne sei. Sie habe sich dazu entschlossen, weil ihr Impfarzt positiv auf das Virus getestet wurde. (Birgit Baumann aus Berlin, red, 22.3.2020)