Eine Replik von Gerhard Hirczi, dem Geschäftsführer der Wirtschaftsagentur Wien, auf die Aussagen des Gouverneurs der Österreichischen Nationalbank Robert Holzmann im STANDARD-Interview.

Die Aussagen des Gouverneurs der Österreichischen Nationalbank, Robert Holzmann, wonach die aktuelle Krise eine Gelegenheit böte, um "sicher[zu]stellen, dass nur überlebensfähige Firmen überleben", sind eigentlich empörend, menschlich ebenso wie fachlich.

Notenbank-Chef Robert Holzmann
Foto: STANDARD / Regine Hendrich

Denn hier verwechselt ein, zumindest der Funktion nach, wesentlicher Player der österreichischen Wirtschaft nicht nur Wettbewerb mit Darwinismus, sondern offenbart auch ein erschreckendes Maß an Unkenntnis über die Struktur und Funktionsweise der österreichischen Realwirtschaft.

Wien zum Beispiel hat 100.000 Unternehmen mit weniger als zehn Beschäftigten, von denen unzählige ihre ökonomische Nachhaltigkeit täglich aufs Neue beweisen müssen. Soll etwa ein Start-up, mit dem junge Menschen die Welt erobern wollen, die aber keine finanziellen Reserven haben, "strukturgereinigt" werden? Soll ein erfolgreicher Handwerksbetrieb, dem jetzt Kunden und Liquidität wegbrechen, in den Konkurs geschickt werden? Sollen jene 18.000 Menschen, die in den letzten beiden Jahren allein in Wien ein Unternehmen gegründet haben, wieder von der Bildfläche verschwinden, nur weil sie das Pech haben, nicht "pandemie-sicher" zu sein?

Nein, das ist nicht der Mindset und nicht die Art von Wirtschaftspolitik, die dieses Land prägen sollen. Die Wiener Wirtschaft hält im Moment der Krise zusammen und entzweit nicht. Nur so können wir gemeinsam meistern, was vorher noch nie da gewesen ist.

Gerhard Hirczi ist Geschäftsführer der Wirtschaftsagentur Wien. (23.3.2020)