Blumenhändler müssen nach der Schließungsverordnung ihre Geschäfte geschlossen halten und ärgern sich, wenn Supermärkte weiterhin Blumen verkaufen.

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Teil des Maßnahmenpakets der Regierung zu Eindämmung von Covid-19 ist eine Verordnung, mit der neben Dienstleistungen der stationäre Handel vorläufig untersagt wird (BGBl. II Nr. 96/2020). Genauer gesagt wird vor allem "das Betreten des Kundenbereichs von Betriebsstätten des Handels … zum Zweck des Erwerbs von Waren" verboten.

Allerdings gibt es Ausnahmen für den Lebensmittelhandel, Drogeriemärkte, den Verkauf von Medizinprodukten, Tierfutter, für Tankstellen etc. Das der Verordnung zugrunde liegende Covid-19-Maßnahmengesetz sieht bei Verstößen gegen das Betretungsverbot nur relativ geringe Geldstrafen als Sanktionen vor.

Zweck der Ausnahmen ist, die Grundversorgung für die Bevölkerung zu sichern. Doch da im modernen stationären Handel so gut wie niemand reine Sortimente führt, überschneiden sich die Angebote vielfach. Sportgeschäfte führen Freizeitbekleidung, Baustoffhändler Spielzeug, Einrichtungshäuser genauso wie große Lebensmittelmärkte fast alles.

Das ist gut für die Konsumenten, doch führt es derzeit zu massiven Wettbewerbsverzerrungen: Supermärkte profitieren davon, dass sie Waren verkaufen dürfen, was anderen verboten ist. Es regt sich bereits der Unmut, etwa von Floristen über den Schnittblumenverkauf in Supermärkten, oder vom Textilhandel. Wenn in einigen Wochen in offenen Märkten Fahrräder auftauchen, dann ginge wohl der Sporthandel auf die Barrikaden.

Aktuelle Rechtslage

An dieser Stelle kommt das Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb (UWG) ins Spiel: Es untersagt vor allem Verstöße gegen "unlautere Geschäftspraktiken" und "unlautere sonstige Handlungen", die im geschäftlichen Verkehr begangen werden. Diese sind teilweise im Gesetz selbst oder in Anhängen dazu spezifiziert. Die Rechtsfolgen sind nach § 1 Abs 1 UWG Unterlassungs- und bei Verschulden Schadenersatzansprüche.

Außerdem sieht das Gesetz die Möglichkeit vor, rasch und unter vereinfachten Voraussetzungen einstweilige Verfügungen zu erwirken, die vorläufigen Rechtsschutz gewähren. Vor den Gerichten klageberechtigt sind neben Mitbewerbern auch sogenannte Amtsparteien wie etwa die Arbeiter- oder die Wirtschaftskammer.

Für die aktuelle Situation relevant ist unter anderem die Tatsache, dass auch ein Rechtsbruch, also etwa ein Verstoß gegen die Schließungsverordnung, ein UWG-Verstoß sein kann, aber nicht sein muss. Nach der Judikatur des OGH ist dies nur der Fall, wenn die Handlung auf einer Gesetzesauslegung basiert, die nicht mit guten Gründen vertreten werden kann.

Unvertretbar ist eine Rechtsansicht vor allem dann, wenn sie dem klaren Gesetzeswortlaut oder der offenkundigen Absicht des Gesetz- oder Verordnungsgebers widerspricht. Auch Gesetzesumgehungen sind unzulässig. Vertretbar ist es hingegen, sich auf Behördenauskünfte oder eine Behördenpraxis zu verlassen.

Rechtsunsicherheit

Der jetzige Zustand ist mit Rechtsunsicherheit belastet. Geht man vom reinen Wortlaut der Schließungsverordnung aus, könnte man sogar behaupten, dass nur ein Vertretungs-, aber kein Verkaufsverbot besteht (Stichwort Straßenverkäufe). Das hat der Gesetzgeber allerdings nicht gemeint. Ein zumindest partielles Verkaufsverbot vorausgesetzt, wird man grob folgende Gruppen unterscheiden können:

  • Waren, die mit dem Zweck der Verordnung – dem Gesundheitsschutz und der Grundversorgung – nichts zu tun haben, wird man, egal wo, derzeit nicht verkaufen dürfen, auch wenn sie zum sonst üblichen Angebot zählen. Dazu zählen Griller, Gartenmöbel, oder TV-Geräte.
  • Güter, die mit einer der Ausnahmen zu tun haben – z. B. Tiernahrung oder Zeitschriften – wird man überall vertreiben dürfen, im Lebensmittelgeschäft, im Drogeriemarkt und an der Tankstelle.
  • Krasse Umgehungen sind unzulässig. Dazu zählen z. B. Friseure oder Fitnesstrainer in geöffneten Handelsbetrieben.
  • Auch massive Angebotsänderungen im Rahmen an sich erlaubter Sortimente könnten dann als verbotene Umgehung gewertet werden, wenn daran kein akuter Bedarf besteht.
  • Im Zweifelsfall wird man eher von einer vertretbaren Rechtsauffassung ausgehen können.

Ob diese Grundsätze für alle offenen Handelsbetriebe gleich gelten oder ob nicht nochmals zwischen systemerhaltenden Ketten und anderen differenziert werden muss – etwa aus logistischen Gründen, um den sozialen Frieden zu wahren etc. –, sei dahin gestellt.

Zulässig könnte auch der Abverkauf von Beständen sein bzw. eine Angebotspalette, die sich im Rahmen des Bisherigen bewegt und nicht aggressiv die bestehende Besserstellung ausnützt.

Verbindliche Auskunft

Was kann man tun, um die Wettbewerbsverzerrung gering zu halten, die Rechtssicherheit zu erhöhen und den Gerichten unnötige Arbeit zu ersparen? Da anlässlich der Verlängerung der Schließungsverordnung bis 13. April keine Klarstellungen erfolgten, sollte das Gesundheitsministerium zumindest eine Stelle einrichten, die bei Anfragen eine authentische und dokumentiert verbindliche Auskunft erteilt, damit betroffene Unternehmer sich in Zweifelsfragen auf eine im Sinne der Rechtsprechung vertretbare Rechtsauffassung berufen können.

Zweckmäßig wäre es, solche Auskünfte zeitnahe zu veröffentlichen, um so möglichst rasch eine exkulpierende Behördenpraxis zu schaffen. Österreich wäre damit international ein Vorreiter. (Markus Kajaba, 25.3.2020)