In Deutschland dürfen Vermieter nun zunächst drei Monate lang ihren Mietern nicht kündigen, wenn diese wegen der Corona-Krise ihre Miete nicht zahlen können.

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100.000 Arbeitslose mehr in nur einer Woche, hunderttausende weitere Arbeitnehmer demnächst in Corona-bedingter Kurzarbeit – da werden sich wohl viele Mieter nun fragen, wie sie finanziell über die Runden kommen. Delogierungen wurden nun zumindest mal de facto ausgesetzt, denn sofern Vermieter diese nicht ohnehin von sich aus gestoppt haben (Wiener Wohnen, viele Gemeinnützige), "so werden sie derzeit wohl kaum einen Gerichtsvollzieher finden, der eine Räumungsklage vor Ort durchsetzt", meint Arbeiterkammer-Wohnrechtsexperte Walter Rosifka. Der auf ein Minimum heruntergefahrene Gerichtsbetrieb bedeute also "de facto ein bundesweites Delogierungsverbot".

In Deutschland wird ein solches nun allerdings auch gesetzlich festgeschrieben: Vermieter dürfen ihren Mietern nicht mehr kündigen, wenn diese wegen der Corona-Krise ihre Miete nicht zahlen können, so sieht es ein am Montag vom Kabinett in Berlin beschlossenes Maßnahmenpaket vor. Mieter, die ihre Miete nicht bezahlen können, müssen ihrem Vermieter allerdings ihre Einkommensverluste glaubhaft machen, außerdem müssen sich die Betroffenen um alle möglichen staatlichen Unterstützungen bemühen.

Mietervereinigung mit Drei-Punkte-Programm

In Österreich hat die Regierung hier bisher nicht im Detail eingegriffen, allerlei Forderungen danach gibt es aber bereits. SPÖ-Bautensprecherin Ruth Becher fordert etwa auch hierzulande einen gesetzlichen Delogierungsstopp. "In Zeiten staatlich verordneter Isolation in den eigenen vier Wänden müssen die Menschen von existenziellen Ängsten wie Wohnungsverlust befreit werden – und das sofort. Dementsprechend müssen die gesetzlichen Regelungen sofort erfolgen, dies duldet keinen Aufschub."

Außerdem unterstützt Becher ein Drei-Punkte-Paket, das die Mietervereinigung Österreichs (MVÖ) am Montag per Aussendung kundgetan hat. Zum einen sollte ein bundesweiter Solidarfonds eingerichtet werden, bei dem ein Antrag auf Übernahme des Mietzinses gestellt werden kann. "Der Fonds zahlt in der Folge an den Vermieter. Sobald ein solcher Antrag gestellt wurde, darf keine Kündigung des Mietverhältnisses wegen Zahlungsrückständen mehr eingereicht werden", so MVÖ-Vorsitzende Elke Hanel-Torsch. Laut Becher sollen die Vermieter diesen Fonds "in Eigenverwaltung aufsetzen und mit Geldern speisen".

Weitgehende Rücktrittsrechte

Zum Zweiten hält man die Schaffung eines gesetzlichen Rücktrittsrechts sowohl für Makler- als auch für Mietverträge für dringend nötig. "Derzeit sind viele Mieter unverschuldet außerstande, Verträge, die sie noch vor der Krise abgeschlossen hatten, zu erfüllen", meint Hanel-Torsch. Sie berichtet von einem Mann aus Rumänien, der kürzlich die Mietervereinigung kontaktiert habe. "Der Mann hätte im April in Österreich eine Arbeit aufnehmen sollen und daher eine Wohnung angemietet. Die Arbeit kann er nun nicht antreten, da der Job nicht mehr existiert." Darüber hinaus könne er auch die Wohnung gar nicht nutzen, "weil er nicht einreisen darf", so Hanel-Torsch. Ein Rücktrittsrecht würde in vielen Fällen sowohl Mietern als auch Vermietern helfen, langwierige Prozesse zu vermeiden und die Wohnung rascher wiedervermietbar machen.

Auch AK-Experte Rosifka unterstützt diese Forderung ausdrücklich. Wenn jemand von einem Miet- oder Kaufvertrag zurücktrete, wo die betreffende Immobilie noch gar nicht übergeben wurde, dann sei ja de facto noch kein großer Aufwand entstanden.

Die dritte Forderung der Mietervereinigung betrifft Rückgaben oder Übergaben von Wohnungen. Diese sollten bis zum Ende der Ausgangsbeschränkungen aufgeschoben werden. "Mieter, die eine Wohnung noch nicht übernommen haben und daher auch noch nicht darin wohnen, sollen für diese Zeit auch keinen Mietzins bezahlen müssen. Mieter, die eine Wohnung noch nicht zurückgeben konnten, soll für diese Zeit höchstens der rechtlich zulässige Mietzins vorgeschrieben werden dürfen, kein Benutzungsentgelt."

Neos: Mietverträge bis Jahresende verlängern

Vorschläge kommen auch von der FPÖ und den Neos. Letztere schlagen vor, dass private Mietverträge einvernehmlich einmalig bis maximal 31. Dezember 2020 verlängert werden können sollen, "wenn sie davor durch die Befristung enden würden oder bereits gekündigt wurden und die Kündigungsfrist noch läuft". Die relativ lange Frist solle deshalb gelten, weil weder absehbar sei, wie lange die Krise dauert, "noch wünschenswert ist, dass in wenigen Wochen alle Mietverträge gleichzeitig auslaufen und alle Betroffenen gleichzeitig auf den Wohnungsmarkt drängen", meint Bautensprecher Felix Eypeltauer. "Mieter sollten die Zeit haben, in Ruhe eine neue Wohnung zu finden, Vermieter, um in Ruhe neue Mieter zu finden."

FPÖ: Vertragsverlängerung um drei Jahre

FPÖ-Bautensprecher Philipp Schrangl forderte per Aussendung, "für zumindest diese Gesetzgebungsperiode alle Maßnahmen zu stoppen, die die Wohnkosten erhöhen könnten". Insbesondere am Lagezuschlagsverbot in Gründerzeitvierteln sei "ohne Wenn und Aber festzuhalten", so Schrangl. "Gleichzeitig müssen die Eintrittsrechte in ihrer derzeitigen Form erhalten bleiben. Sichere, leistbare Wohnversorgung ist dringend erforderlich, um die sozialen Effekte der sich anbahnenden Rezession bestmöglich zu dämpfen."

Schrangl schlägt vor, befristete Mietverträge, die innerhalb eines Jahres auslaufen würden, grundsätzlich um weitere drei Jahre zu verlängern. Indexierungen sollten mittelfristig ausgesetzt werden, und "auch die Bundesimmobiliengesellschaft muss in die erforderliche Sozialpflichtigkeit genommen werden. Hier muss es in der Unternehmenspolitik zu einem Umdenken hin zur Förderung leistbaren Wohnens kommen", so Schrangl. (Martin Putschögl, 24.3.2020)