Die FPÖ – links im Bild Parteichef Norbert Hofer – forderte oft Maßnahmen, die die Regierung – rechts Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) – Wochen später umgesetzt hat.

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Wie schnell reagierten österreichische Parteien auf das Coronavirus, das vom chinesischen Wuhan aus ab Jänner 2020 in die Welt strömte? Für die meisten Parteien war das neuartige Virus lange ein Randthema, wie ein Blick in die Archive zeigt. "In Österreich besteht kein Grund zur Panik", schrieb SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner, einst Gesundheitsministerin und lange Jahre Leiterin der Sektion für Öffentliche Gesundheit und Medizinische Angelegenheiten im Gesundheitsministerium. "Österreich ist gut vorbereitet. Ich bin überzeugt, dass der Gesundheitsminister mit den ExpertInnen die richtigen Schritte setzt", so Rendi-Wagner am 25. Jänner auf Twitter.

Der zeigte sich damals noch gelassen. Die Influenza sei gegenüber dem Coronavirus "das prioritäre Thema", so Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) am 29. Jänner. Einen Tag zuvor hatte sein Ressort begonnen, Verdachtsfälle auf der Ministeriums-Homepage anzuzeigen; außerdem war eine Hotline bei der Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (Ages) eingerichtet worden. Im Februar ging es in dieser Gangart weiter. Das führte dazu, dass am 7. Februar laut einer "Profil"-Umfrage noch 78 Prozent der Österreicher im Coronavirus "keine Bedrohung" sahen.

Zentrales Anliegen

Anders war das bei der FPÖ, die das Thema Corona bald zu einem ihrer zentralen Anliegen machte. Schon im Jänner hatte der Wiener Landesparteiobmann Dominik Nepp davor gewarnt, dass das Gesundheitsministerium "in der Pendeluhr schläft". Eine Woche später forderte FPÖ-Chef Norbert Hofer, ähnlich wie Rendi-Wagner, dass "dringend notwendige" Kontrollen am Flughafen Wien eingeführt werden – einen Tag später passierte das dann auch.

In der Folge zeigt sich, dass die Freiheitlichen oftmals Forderungen vorgebracht haben, die deutlich später auch umgesetzt wurden: Der Kärntner FPÖ-Chef Gernot Darmann merkte Anfang Februar an, dass "reine Fieberchecks am Flughafen" zu wenig seien. Außerdem forderte er ein Landeverbot für Flüge aus China. Mitte Februar sprach FPÖ-Gesundheitssprecher Gerhard Kaniak von "Placebo-Maßnahmen", die Anschober bislang getroffen habe. Ein paar Tage später verlangten Hofer und sein Vize Herbert Kickl dann, den "Grenzverkehr zu Italien auf ein Minimum zu beschränken". Wehrsprecher Eugen Bösch wies darauf hin, dass rasch die "Sanitätsversorgung und Sanitätsstruktur der Armee" verbessert werden müsse. Ganz einig war man sich in der FPÖ jedoch nicht – Matthias Krenn, Chef der Freiheitlichen Wirtschaft, sprach mit Blick auf den Tourismus von einer "Coronavirus-Hysterie".

Die anderen Parteien waren jedenfalls deutlich leiser. ÖVP und Grüne kommunizierten als Parteien de facto nicht, sondern überließen diese Arbeit den Regierungsvertretern. Die SPÖ verlangte früh Unterstützung für Betriebe; Parteichefin Rendi-Wagner nur einen "zentralen Koordinator". Das setzte Anschober dann auch rasch um, am 26. Februar wurde der "Generaldirektor für öffentliche Gesundheit" wieder eingeführt – den übrigens die freiheitliche Ministerin Beate Hartinger-Klein abgeschafft hat. SPÖ und Neos betonten aber beide, nun sei nicht die Zeit für "parteipolitisches Hickhack".

Angstmache?

Warum war die FPÖ so früh alarmiert? "Angst" ist ein wichtiges Element der blauen Strategie. "Diese Politgarde ist ein Angsthasentrupp, der aus dem Fürchten gar nicht mehr herauskommt – vor der Überfremdung, vor der Globalisierung, dem linken Medienkartell und einer immer schlechter werdenden Welt", schrieb die Kommunikationsberaterin Christina Aumayr-Hajek schon vor fast zehn Jahren. Noch einmal eine Dekade früher veröffentlichte der Politikwissenschafter Martin Reisigl sein Buch "Dem Volk aufs Maul schauen, nach dem Mund reden und Angst und Bange machen". Nicht ohne Grund kursierte in politischen Kreisen süffisant der Hinweis, "strach" bedeute auf Tschechisch "Angst".

Der große Unterschied zu anderen Katastrophenszenarien, die die FPÖ regelmäßig an die Wand malt – man denke an die "EU-Diktatur" oder die Bezeichnung von Flüchtlingen als "illegale Invasoren" –, ist jedoch, dass die von ihr geforderten Maßnahmen in der Corona-Krise später tatsächlich umgesetzt wurden: Die AUA streicht China-Flüge am 14. Februar; Einreisen aus Italien gibt es ab 10. März nur mehr mit ärztlichem Attest. Und vier Tage später kündigt die EU-Kommission an, dass die Außengrenzen der Europäischen Union für "vermeidbare Reisen" geschlossen werden. (Fabian Schmid, 24.3.2020)