Ein Mann schwenkt die europäische und die nordmazedonische Flagge.

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Brüssel/Tirana/Skopje – Mitten in der weltweiten Corona-Krise gibt es positive Nachrichten für Albanien und Nordmazedonien. Die Bedenken gegen die Aufnahme der Beitrittsgespräche mit den beiden Ländern seien beseitigt, hieß es am Montag aus EU-Ratskreisen in Brüssel. Grünes Licht könnte es bereits bei einer Videokonferenz der Europaminister am morgigen Dienstag geben.

Einwände habe zuletzt nur noch Griechenland, und nicht wie bisher Frankreich, gehabt. Athen habe auf einer Volkszählung und dem Schutz von Eigentumsrechten in Albanien bestehen wollen. Nun hätten die 27 EU-Mitgliedsstaaten jedoch einstimmig festgestellt, dass dem Beginn von Beitrittsverhandlungen nichts mehr entgegenstehe. Dies geht aus einem Dokumentenentwurf hervor, der der Nachrichtenagentur Reuters vorliegt.

Die Einigung stelle aber einige Bedingungen an Albanien, berichtete die deutsche Presseagentur unter Berufung auf Diplomaten. Unter anderem müsse das Land seine Reform des Wahlrechts vor der ersten Beitrittskonferenz abschließen.

Neuwahlen wegen Coronavirus verschoben

Ein konkretes Datum für die Aufnahme von den Beitrittsverhandlungen soll es jedoch noch nicht geben. Die EU-Erweiterung ist jedoch der einzige Tagesordnungspunkt der Videokonferenz der Europaminister am Dienstag. Sollte tatsächlich kein EU-Mitglied dem Verhandlungsbeginn widersprechen, dürfte eine entsprechende Entscheidung bis Mitte dieser Woche formell befürwortet werden.

Noch im Oktober 2019 war die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen unter anderem am Widerstand des französischen Präsidenten Emmanuel Macron gescheitert. Auch Dänemark und die Niederlande hatten Bedenken. Macron forderte zunächst eine Reform des Aufnahmeverfahrens neuer EU-Mitglieder. Daraufhin legte die EU-Kommission Anfang Februar einen Vorschlag vor, den die EU-Staaten nun begrüßen.

Das Veto im Oktober 2019 hatte in Nordmazedonien eine Regierungskrise ausgelöst. Die Regierung des Sozialdemokraten Zoran Zaev trat Anfang Jänner zurück, das Land wird seitdem von einer Übergangsregierung geführt. Zaev hatte den jahrelangen Streit mit dem Nachbarn Griechenland um den Staatsnamen Mazedonien beendet und gegen den Widerstand der Nationalisten die Umbenennung in Nordmazedonien ermöglicht. Daraufhin machte Athen den Weg frei für die Annäherung des Nachbarn an EU und NATO. Die Neuwahlen wurden zuletzt jedoch wegen der Coronavirus-Pandemie auf unbestimmte Zeit verschoben.

ÖVP, SPÖ und Grüne begrüßen den Beginn von Beitrittsverhandlungen

Es sei ein wichtiges Signal, "dass es diese Woche grünes Licht für den Start der Beitrittsverhandlungen mit Nordmazedonien und Albanien geben wird", sagte der ÖVP-Europaabgeordnete Lukas Mandl. "Dieser Schritt war überfällig, denn beide Staaten haben ihre Hausaufgaben längst erledigt und die EU muss ihre Zusagen gegenüber den Staaten des Westbalkans einhalten."

Der Leiter der EU-SPÖ-Delegation Andreas Schieder begrüßte ebenso am Montag die sich abzeichnende Zustimmung. "Nordmazedonien und Albanien haben geliefert, jetzt müssen auch wir endlich Wort halten", sagte der Vorsitzende der Nordmazedonien-Delegation des Europaparlaments. "Das ist eine Frage der Glaubwürdigkeit für die EU und wenn wir diese verspielen, wird das Vakuum von anderen gefüllt werden. Russland, China und die Türkei haben großes Interesse am Balkan."

Thomas Waitz, Europaabgeordneter der Grünen, sieht die Beitrittsverhandlungen als einen "Motor für die weitere rechtsstaatliche Entwicklung in zentralen Bereichen wie Medien und Pressefreiheit, Menschenrechten und im Kampf gegen die Korruption". Dies sei "nicht nur für die Friedenssicherung in der Region wichtig, sondern auch für die Außen- und Sicherheitspolitik der EU." (APA, 23.3.2020)