Eine der ersten Maßnahmen der Bundesregierung im Kampf gegen die Verbreitung des Coronavirus war die Schließung der Hochschulen in Österreich. Doch das ist nicht die einzige Folge der Krise, die Studierende trifft. Viele von ihnen stehen derzeit nicht nur vor der Frage, wie sie ihr Studium bestmöglich organisieren, sondern müssen auch klären, wie sie die nächsten Monate finanziell über die Runden kommen.

Knapp 60 Prozent der rund 380.000 Studierenden in Österreich arbeiten neben dem Studium, um sich dieses leisten zu können – ein Großteil geringfügig, heißt von der Österreichischen Hochschüler_innenschaft (ÖH). Desmond Grossmann (Fachschaftslisten) vom ÖH-Vorsitzteam schätzt, dass ein Drittel der erwerbstätigen Studierenden gekündigt wurde und ab April ohne Einkommen dasteht. "Viele arbeiten in der Gastronomie und im Tourismus – und wer wenige Stunden angestellt ist, wird als Erster gekündigt." Auch selbstständige Studierende, gerade im Kunst- und Kulturbereich, die von Gagen und Honoraren leben, seien stark von den aktuellen Maßnahmen betroffen.

Viele Studierende arbeiten geringfügig in der Gastronomie oder im Tourismus, viele seien wegen der Corona-Krise gekündigt worden und fielen nun durchs soziale Netz, sagt Desmond Grossmann vom ÖH-Vorsitzteam.
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Studierende, die geringfügig arbeiten, haben nämlich keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld, erhalten, bis auf Ausnahmen, keine Mindestsicherung, und geringfügig Beschäftigte sind von Kurzarbeit ausgenommen. Deshalb forderte die ÖH kürzlich in einer Aussendung, dass die Möglichkeit der Kurzarbeit oder ein äquivalenter Mechanismus auch für geringfügig Arbeitende offenstehen müsse. Denn nicht immer können die Eltern aushelfen, nicht jeder will von ihnen abhängig sein.

Sozialfonds und Spenden

Um Studierenden in Notlagen zu helfen, haben die meisten Hochschülerschaften an den jeweiligen Hochschulen Sozialfonds. Manche hätten diese nun extra aufgestockt, erzählt Grossmann. Am Mozarteum und an der Universität für Musik und darstellende Kunst in Wien haben die lokalen Hochschülerschaften zu Spenden für die betroffenen Studierenden aufgerufen. Auch die Bundesvertretung arbeitet daran, ihren Sozialfonds für die von der Krise betroffenen Studierenden zu erweitern.

Laut Wissenschaftsministerium wird der Sozialfonds mit jährlich 85.000 Euro vom Ministerium gespeist, die Bundesvertretung sowie die lokalen Hochschülerschaften zusammen geben jeweils noch einmal so viel in den Topf. Im Vorjahr sei dieser nicht vollständig ausgeschöpft worden, 80.000 Euro blieben übrig. Heuer rechne man allerdings damit, heißt es aus dem Ministerium. Gegebenfalls würden die Mittel möglicherweise auch aufgestockt.

Bereits 800 Anträge an Uni Wien

Konkrete Zahlen, wie viele Betroffene die Förderung bereits beantragt haben, gebe es noch nicht. An der Uni Wien, wo die erste Antragsfrist am Mittwoch, 25. März, um Mitternacht endet, hätten laut Univertretung seit den Unischließungen bereits 800 Studierende Hilfe aus dem Sozialtopf beantragt. Sollte nach dieser ersten Förderung noch Geld im Topf sein, werde es weitere Möglichkeiten geben, um finanzielle Unterstützung zu beantragen, heißt es vom Vorsitzteam der ÖH an der Uni Wien. Man sei dabei, möglichst viele Mittel freizustellen, um den Studierenden bestmöglich zu helfen.

Bis zu 750 Euro bekommt man aus dem Sozialfonds der ÖH, wenn man im Sinne der Richtlinien sozial bedürftig ist.
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Zuerst sollte man bei der lokalen Hochschulvertretung Unterstützung beantragen. Erst wenn dort alle Mittel ausgeschöpft sind, sollte man den Antrag auf Unterstützung bei der ÖH-Bundesvertretung stellen, heißt es von der ÖH. "Eine Doppelförderung ist nicht unser Ziel, da möglichst vielen Studierenden geholfen werden soll", sagt Grossmann. Die maximale Förderung liegt bei 750 Euro und steht jenen zu, die im Sinne der Richtlinien sozial bedürftig sind, nicht bei den Eltern wohnen, keine Studienbeihilfe beziehen und einen "ausreichenden Studienerfolg" nachweisen. Zu letzerem zählt etwa, dass man in den vergangenen beiden Semestern insgesamt 16 ECTS-Punkte erfolgreich erbracht hat oder in Mindeststudienzeit plus zwei Toleranzsemestern studiert.

Damit soll allen geholfen werden, die derzeit durch das soziale Netz fallen, sagt Grossmann. Auch Studierenden, die bereits Studiengebühren bezahlt hätten, sowie Drittstaatsangehörigen, die den doppelten Beitrag bezahlen müssen.

Rasche Bearbeitung

"Leider kann die Bearbeitung der Anträge wegen der derzeitigen Umstände länger dauern, aber wir bemühen uns, den Studierenden so schnell als möglich zu helfen." Fälle der Corona-Krise-Betroffenen würden priorisiert. Es werde auch eine Möglichkeit geschaffen, die nötigen Unterlagen online einzureichen.

"Wir rechnen mit sehr viel Andrang", sagt Grossmann. Diese Woche finden deshalb auch Gespräche zwischen der ÖH und Wissenschaftsminister Heinz Faßmann (ÖVP) statt. Denn: "Ein ehrlicher und sinnvoller Fördertopf kann nur gemeinsam mit dem Bundesministerium entstehen", sagt er. Bei dem Treffen sollen auch weitere Forderungen der ÖH besprochen werden: Am Montag forderte das Vorsitzteam in einer Aussendung wegen der aktuellen Situation etwa zwei zusätzliche Toleranzsemester für den Bezug von Studienbeihilfe, Familienbeihilfe sowie bei der Studiengebühren-Pflicht. Auch bereits bezahlte Studienbeiträge sollen für dieses Semester rückerstattet und für das kommende erlassen werden. "Wir wollen die Sicherheit, dass sich die derzeitige Situation nicht negativ auf die Studierenden auswirkt", appelliert Grossmann. (Selina Thaler, 24.3.2020)