China kehrt zur Normalität zurück. Das ist die Botschaft, die Peking derzeit nach außen sendet, dazu Bilder von Menschen mit Atemschutzmasken, die die Frühlingssonne genießen. Glaubt man den Zahlen der Regierung, so scheint China das Virus tatsächlich in den Griff bekommen zu haben. Die Zahl der Neuinfektionen war in den vergangenen Tagen auf unter 50 gesunken. Die meisten Ansteckungen erfolgen nun nicht mehr im Land, sondern werden von Einreisenden ins Land getragen, weshalb China die Einreisebestimmungen massiv verschärft hat. In den vergangenen drei Tagen haben rund 12.000 Ärzte und Krankenpfleger die Provinz Hubei verlassen. Dort war es seit Sonntag zu keinen Neuinfektionen gekommen.

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In Peking gehen wieder mehr Menschen auf die Straßen.
Foto: AP/Ng Han Guan

Ab dem 8. April sollen sogar Reisen von und nach Wuhan, dem Epizentrum der Pandemie, wieder möglich sein. Doch warum sollte man ausgerechnet jetzt den Zahlen der Regierung trauen? Laut dem chinesischen Magazin "Caixin" gibt es einige Zweifel daran. Vor allem sollen in der Provinz Hubei sogenannte "asymptomatische Infektionen" auftreten. So werden Fälle bezeichnet, die zwar positiv auf das Virus getestet wurden, aber keinerlei Symptome zeigen. Diese werden nicht in die offizielle Statistik aufgenommen.

"Massenhaft infizierte Patienten aus dem Krankenhaus gelassen"

Ein Arzt aus Wuhan berichtete zudem der japanischen Nachrichtenagentur Kyodo, dass die Zahlen zum Besuch des Staatspräsidenten Xi Jinping in Wuhan am 10. März massiv geschönt wurden. Wörtlich sagte er, man habe "massenhaft infizierte Patienten aus dem Krankenhaus gelassen".

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Der Bahnhof in Wuhan wird desinfiziert.
Foto: AP/Zhao Jun

Fraglich ist zudem, wie viele Infizierte sich noch in den anderen Inlandprovinzen Chinas aufhalten. Bevor Wuhan ab 23. Jänner von der Außenwelt abgeriegelt wurde, hatten fünf Millionen Wanderarbeiter bereits die Stadt verlassen. Nachweislich war das Virus da bereits schon seit mindestens drei Wochen aktiv. Zudem gehen Schätzungen davon aus, dass circa 100 Millionen Wanderarbeiter noch immer nicht zu ihren Arbeitsplätzen an der Ostküste zurückgekehrt sind. Als wahrscheinlich gilt, dass deren Reisen zu einer erneuten Infektionswelle führen werden.

Alle Peking-Flüge umgeleitet

Das dürfte auch der Grund sein, weshalb die chinesische Regierung vor allem die Hauptstadt Peking abriegelt. Während die Einreise nach Schanghai und andere chinesische Städte zwar kompliziert, aber möglich ist, werden derzeit alle Flüge nach Peking in andere Städte in der Region umgeleitet. Die Einreisenden werden zunächst einem Corona-Test unterzogen und müssen sich anschließend in ein Quarantänehotel begeben, wo sie die nächsten 14 Tage unter Beobachtung stehen. In Schanghai ist immerhin eine Quarantäne zu Hause möglich.

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In Schanghai radelt eine Frau an einem Plakat vorbei, das den Präsidenten Xi Jinping zeigt.
Foto: Reuters/ALY SONG

Unterdessen versucht Peking, die Panik in Europa und im Rest der Welt zu nutzen und ein neues Narrativ zu verbreiten. Nur durch das schnelle und radikale Durchgreifen Chinas sei es gelungen, das Sars-CoV-2-Virus einzudämmen. So in etwa lautet die Botschaft. Präsident Xi Jinping verschickte gleich reihenweise Sympathie- und Solidaritätskundgebungen an meist europäische Staatschefs.

Zeitgleich versucht Peking Zweifel an der Herkunft des Virus zu sähen. So verbreiten selbst offizielle Stellen Verschwörungstheorien, wonach das Virus gar nicht in China entstanden sei, sondern zum Beispiel von US-Soldaten zu einer Militärübung im vergangenen Herbst nach Wuhan gebracht worden sei. (Phillipp Mattheis aus Schanghai, 24.3.2020)