Kanzler Sebastian Kurz und Gesundheitsminister Rudolf Anschober kündigten Schnelltests an, um "Hunderttausende" zu testen.

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Innsbruck/Wien – Die Bundesregierung will die Testkapazitäten in Bezug auf das Coronavirus auf rund 15.000 Stück täglich ausweiten. "Wir werden auch auf Schnelltests setzen, um diese Kapazitäten schnell zu erreichen und um hunderttausende Menschen zu testen", sagte Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) am Dienstag. Die hätten zwar nicht dieselbe Qualität wie jene, mit denen aktuell getestet wird, doch sei ein Vorteil, dass sie in größerer Stückzahl produzierbar seien, sagte Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne). Flächendeckende Tests werde es nicht geben, doch könne man dadurch den "spezifischen Infektionsgrad" bestimmter Gruppen betrachten, etwa in einem Bezirk oder in Berufsfeldern.

Es sei eine "herausfordernde Zeit" für das Land, die Europäische Union und für weite Teile der Welt, sagte Kurz mit ernster Miene. Ob oder inwieweit die Maßnahmen greifen würden, wisse man noch nicht. Die ehrliche Antwort auf die Frage, wie es nach Ostern weitergehe, sei schlicht: "Wir haben noch kein valides Zahlenmaterial", sagte Kurz und bat um "Geduld bis Freitag". Dann wolle er darüber reden, wie es weitergehe.

Noch keine Entspannung in Sicht

Entspannung dürfte es aber vorerst nicht geben: "Haben Sie nicht die Hoffnung, dass am Freitag alle Ziele erreicht sind", betonte der Kanzler. Man habe viel eher die Hoffnung, dass die Maßnahmen italienische oder spanische Verhältnisse vermeiden. Das Ziel sei, dass sich die Ansteckungen nur alle 14 Tage verdoppeln und nicht alle zwei, drei oder vier Tage wie bisher. Eine weitere Hoffnung: mit 14. April die Maßnahmen schrittweise zurücknehmen zu können. Selbst dann werde man neue Maßnahmen setzen, damit die Kurve nicht erneut in die Höhe schnelle. "Das geht mit Disziplin, einer möglichst breiten Testung, Big Data und auch der Nutzung von Schutzmasken im öffentlichen Raum", sagte Kurz.

All das sei "Zukunftsmusik", zuerst müsse man den Peak verzögern und abflachen. Und: "Wir werden nach Ostern in einer Phase sein, die der heutigen mehr ähnelt als dem Normalzustand." Garantieren könne Kurz, dass die Zahlen nach Ostern "nicht so gut sein werden, dass wir sagen, wir nehmen die Maßnahmen schlagartig zurück".

Nehammer: Anordnungen sind zu befolgen

Prioritär sei, dass sich die Bevölkerung an die Regeln und Abstand voneinander halte. Jene, die sich nicht an die Restriktionen halten, würden gestraft, betonte Innenminister Karl Nehammer (ÖVP): "Alle, die glauben, dass das Empfehlungen sind, irren sich. Es sind Anordnungen der Bundesregierung." Mehrere Tausend Anzeigen seien bereits verhängt worden.

Im Spitalswesen wolle man sich auf den Tag X vorbereiten: dann, wenn es weitaus mehr Fälle gebe. Sowohl für den Normalbetrieb als auch für den auf Intensivstationen soll es mehr Kapazitäten in Spitälern geben. Es gebe derzeit 12.000 zusätzliche Betten.

In Österreich habe man "nach wie vor starke Steigerungen, aber eine Stabilisierung bei den prozentuellen täglichen Zuwachsraten", so Anschober. Vor zwei Wochen seien diese bei 35 bis 40 Prozent gelegen, nun bei 20 Prozent oder darunter. Das sei noch nicht das Ziel, man wolle unter zehn Prozent kommen. Dass es in Tirol am Dienstag einen großen Anstieg gegeben habe, liege daran, dass es bei der Einspeisung der Zahlen zu Verzögerungen gekommen sei.

Tirol im Zentrum internationaler Kritik

Überhaupt wirft das Verhalten der Tiroler Entscheidungsträger immer mehr Fragen auf. Medien berichten weltweit davon, dass die viel zu spät ergriffenen Maßnahmen in den Skigebieten dazu geführt haben dürften, dass sich das Virus so schnell in ganz Europa ausgebreitet hat. Der Gesundheitsminister Baden-Württembergs, Manne Lucha (Grüne), wurde in seiner Schuldzuweisung sehr deutlich: "Unser Problem heißt nicht Iran, es heißt Ischgl."

Auch in Österreich wird immer klarer, dass etwa die Häufung von Fällen in Oberösterreich auf heimkehrende Skiurlauber aus Tirol zurückzuführen ist. Die Landesregierung in Innsbruck hat angesichts des wachsenden Drucks angekündigt, dass man eine Expertenkommission mit der Aufarbeitung der Ereignisse und möglicher Fehler befassen werde. Wer dieser Kommission angehören soll und wann sie die Arbeit aufnimmt, blieb noch offen.

Land prüft Verdacht strafbarer Handlungen

Recherchen der ZiB2 ergaben zwischenzeitlich, dass am Freitag, den 13. März, als über das Paznauntal und St. Anton am Arlberg überraschend die Quarantäne verhängt wurde, die örtlichen Tourismusverbände – entgegen bisherigen Behauptungen – vorab vom Land informiert wurden. Woraufhin der Ischgler TVB Hoteliers alarmierte, die, anstatt wie vorgesehen die geordnete Abreise der Gäste sicherzustellen, ihre Mitarbeiter dazu aufriefen, das Tal sofort zu verlassen. Seitens des Landes "verurteilt" man dieses Vorgehen und prüft nun, ob ein strafrechtlicher Tatbestand vorliegt. (Steffen Arora, Oona Kroisleitner, 24.3.2020)