Wie geht es weiter? Wie lange dauert das noch? Diese beiden selbstgestellten Fragen konnte der Bundeskanzler in der Pressekonferenz am Dienstag nicht beantworten; verständlich. Es wird davon abhängen, wie schnell sich die Kurve der Neuerkrankungen abflacht. Dass nach Ostern das normale (Wirtschafts-)Leben "teilweise wieder hochgefahren" werden kann, wie Sebastian Kurz sagte, ist keineswegs sicher.

Daraus ergibt sich die dritte Frage: Wann bricht unter den Bedingungen des "Lockdown" (großteils geschlossene Betriebe und Schulen, Versammlungsverbote) die Wirtschaft zusammen? Oder, anders formuliert: Bekommen wir eine Rezession (negatives Wachstum) oder eine (weltweite) Depression (starker Rückgang der gesamten Wirtschaftsleistung)?

Die wirtschaftlichen Folgen der Coronavirus-Pandemie lassen sich kaum abschätzen.
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Das große Schreckgespenst ist die "Große Depression" oder Weltwirtschaftskrise, die 1929 von den USA ihren Ausgang nahm und bis weit in die Dreißigerjahre dauerte. Ausgelöst durch eine Spekulationsblase in den USA kam es zu Rückgängen der Industrieproduktion in den USA und in Deutschland von über 40 Prozent und zu Arbeitslosenraten von 25 Prozent (in Österreich zeitweise 30 Prozent). Die Katastrophe wurde durch eine völlig falsche Wirtschafts- und Finanzpolitik auf die Spitze getrieben, indem die Notenbanken auf die Geldbremse traten, kollabierende Banken nicht gerettet wurden, die Staaten Handelsschranken gegeneinander errichteten und riesige Arbeitslosenheere mehr oder weniger achselzuckend akzeptiert wurden. Die Folge war unter anderem der Sieg des Nationalsozialismus in Deutschland.

Die "Neue Zürcher Zeitung" stellt eine Berechnung an, wonach in Österreich ein Monat Lockdown zunächst 50 Prozent der Wirtschaftsleistung (in den wichtigsten Branchen), dann pro Folgemonat 25 Prozent kosten würde. Das würde bis zum Sommer acht Prozent des BIP kosten. Der "editorial board" der "New York Times", sozusagen die offizielle Stimme der Zeitung, veröffentlichte jetzt einen Artikel mit dem Titel "How to avoid complete economic destruction". Der linke Ökonom Stephan Schulmeister hält einen BIP-Rückgang in der EU um fünf bis zehn Prozent für eine "optimistische Prognose".

Helikoptergeld

Der Unterschied zur "Great Depression" liegt darin, dass die Wirtschaftspolitik die damaligen Fehler nicht wiederholen will. Statt wie damals auf "Reinigungskräfte" zu setzen, wie der blaue Nationalbankpräsident Robert Holzmann meint, machen die EZB, die EU und die nationalen Regierungen alle Schleusen auf. "Was es braucht" ist die neue Devise auch konservativer Regierungen (wobei die Republikaner in Washington versuchen, ihre Konzernklientel zu bevorzugen).

"Was es braucht" – dazu wird möglicherweise eine Version von "Helikoptergeld" gehören. Die USA haben vor, jedem Amerikaner einen Scheck über 2000 Dollar zu schicken.

Und wie lange wird es möglich sein, die Bürger und die Unternehmen mit staatlichen Direktzahlungen, Krediten, Steuerstundungen und Ähnlichem über Wasser zu halten? Aber, so pathosgeschwängert das auch klingt, ein guter Teil wird vom massenhaften Verhalten der Bürger abhängen.

Wenn die Erkrankungsraten sich signifikant verlangsamen, kann man daran denken, allmählich das Wirtschaftsleben in den vielen kleineren Betrieben wieder hochzufahren. Die Raten verlangsamen sich aber nur, wenn sich die Bürger weitere Monate strikt an die Maßnahmen halten. Eine andere Variante wäre, dass man nur die Gefährdeten zu schützen versucht und die anderen wieder voll einsteigen. Das verlangt aber nach massivem Testen. Dass Kurz in der Pressekonferenz neue Töne anschlug ("Testen, Testen, Testen"), weist in diese Richtung.

Was es braucht, weiß man ungefähr. Wie lange – das ist mehr als unklar. (Hans Rauscher, 25.3.2020)