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Ein Berggorilla im Vulkan-Nationalpark in Ruanda. Dort sind die Nationalparks bereits geschlossen worden, was Wilderer auf den Plan rufen könnte. Für Menschenaffen ist das Coronavirus vermutlich tödlich.

AP Photo/Felipe Dana

London – Menschenaffen sind unsere nächsten lebenden Verwandten, mit denen wir bis zu 98 Prozent der DNA teilen. Eine Folge davon ist, dass sie für menschliche Infektionskrankheiten – und nicht zuletzt solche der Atemwege – anfällig sind. Und manche Krankheitserreger, die beim Menschen leichte Symptome hervorrufen, waren in der Vergangenheit für Menschenaffen tödlich.

Eine Studie aus dem Jahr 2008 unter der Leitung von Fabian Leendertz (Robert-Koch-Institut in Berlin) lieferte die ersten direkten Beweise für die Übertragung des Virus vom Menschen auf Affen in freier Wildbahn. Seitdem haben gewöhnliche menschliche Atemwegsviren tödliche Epidemien bei wilden Menschenaffen verursacht, die sich an den Menschen gewöhnt haben. Im Jahr 2016 berichteten abermals Wissenschafter um Leendertz über die Übertragung eines menschlichen Coronavirus auf wilde Schimpansen im Taï-Nationalpark in der Elfenbeinküste.

Warnung von 25 Primatologen

Die Tatsache, dass Covid-19 für Menschen tödlich sein kann, lässt Experten befürchten, dass es für Menschenaffen verheerende Folgen haben könnte. Aus diesem Grund haben Thomas Gillespie (Emory Universität, USA) und Fabian Leendertz nun einen kurzen Brief verfasst, der in der Zeitschrift "Nature" veröffentlicht und von 25 Experten unterzeichnet wurde. Leendertz war Autor der Studie aus dem Jahr 2008 und Gillespie Ko-Autor eines Berichts, der zeigte, dass 60 Prozent der mehr als 500 Primatenarten weltweit vom Aussterben bedroht sind und 75 Prozent der Populationen schrumpfen.

Gegenüber dem "Guardian" bekräftigte Gillespie, dass Covid-19 eine enorme potenzielle Gefährdung für Menschenaffen darstellt, die ohnehin aufgrund von Waldzerstörung und Wilderei vom Aussterben bedroht seien. Nun kommt das Problem hinzu, dass Nationalparks und Reservate vielfach geschlossen würden – etwa im Kongo und in Ruanda, wo dies bereits geschehen ist. Und ohne die Anwesenheit von Rangern steigt das Risiko der Wilderei.

"Wir hoffen auf das Beste"

Dazu komme das Risiko der Übertragung von Mensch auf Tier: "Menschen, die jünger sind, die vielleicht ein geringeres Risiko für eine schwere Erkrankung durch Covid-19 haben, sind diejenigen, die eher in die Nationalparks Afrikas und Asiens wandern, um große Affen in freier Wildbahn zu sehen", so Gillespie. "Es ist kaum kontrollierbar, ob sie mit Covid-19 infiziert sind, da sie möglicherweise keine offensichtlichen Symptome haben."

Auf Borneo wurde bereits das Sepilok-Rehabilitationszentrum zum Schutz von Orang-Utans geschlossen. "Diese Krankheit könnte für den bereits kritisch gefährdeten Orang-Utan tödlich sein: Es ist ein Risiko, das wir uns nicht leisten können", sagte Susan Sheward von Orang-Utan Appeal UK dem "Guardian". In dieser Tonlage endet auch der "Nature"-Artikel der 25 Experten: "Wir hoffen auf das Beste, sollten uns aber auf das Schlimmste vorbereiten." (Klaus Taschwer, 25.3.2020)