Frankfurt/Main – Eigentlich wollte sich Christian Seifert mit seinem Stab an einen geheimen Ort in Frankfurt zurückziehen und die eingehenden Milliardengebote prüfen. Doch für die komplizierte Auktion, bei der die Medienrechte am deutschen Profifußball für die vier Spielzeiten von 2021/22 bis 2024/25 vergeben werden, hat der Chef der Deutschen Fußball-Liga (DFL) in Zeiten der existenzbedrohenden Coronakrise keinen Kopf. Die Versteigerung wurde verschoben, vom 27. April bis zum 8. Mai wird nicht gepokert.

"Ziel der DFL ist es, den Fokus zunächst auf die Bewältigung der gegenwärtigen Herausforderungen zu richten", hieß es vom Verband. Klar ist, dass die Verschiebung der Rechtevergabe für den deutschsprachigen Raum in den Juni ebenso wie die Verlängerung der Saisonunterbrechung bis zum 30. April durch das DFL-Präsidium alternativlos war. Der Profifußball muss Zeit gewinnen, um die ohnehin schon prekäre Lage der finanziell angeschlagenen Klubs nicht noch zusätzlich – und vor allem langfristig – zu verschlimmern.

Wie viel Geld ist der deutsche Fußball nach der Coronakrise noch wert?
Foto: imago images/Jan Huebner

Es ist jetzt schon ein offenes Geheimnis, dass bei den Erlösen die Rezession droht. Schließlich verliert das Produkt augenscheinlich an Wert, da es derzeit gar nicht physisch existiert und mögliche Geisterspiele eine Qualitätsminderung darstellen. Was aber noch schwerer wiegt: Die potenziellen Interessenten sind selbst in wirtschaftlichen Schwierigkeiten und wissen gar nicht, wie viel und ob sie überhaupt Geld für die Rechte übrig haben.

Nachtrauern

Diese Gemengelage dürfte beim virtuellen Treffen der Klubchefs am Dienstag dafür sorgen, dass die Sorgenfalten selbst auf den Bildschirmen zu erkennen sein werden. Viele Vereinsverantwortliche wünschen sich derzeit sicher, dass die Vergabe bereits vor ein paar Wochen über die Bühne gegangen wäre. Damals hatte das Produkt Bundesliga noch keine Makel und die Interessenten waren noch liquide – die mit Abstand wichtigste Einnahmequelle der Klubs schien weiter munter zu sprudeln.

Noch zu Jahresbeginn waren die Chefetagen voll der Hoffnung, dass sich die derzeitigen Einnahmen von 1,2 Milliarden Euro pro Saison steigern lassen können. Schließlich wurden eine Menge möglicher Interessenten an den Live-Übertragungen gehandelt. Neben den bisherigen Rechte-Inhabern Sky und Dazn waren auch Amazon, Discovery, Netflix, die Deutsche Telekom, Apple und Disney in der Verlosung.

Wachstum eingebremst?

"Ich glaube, unsere Rechte sind wertvoller geworden. Aber wir bekommen schon sehr viel Geld. Wir streben weiteres Wachstum an, aber auch Medienmärkte kommen an ihre Grenzen. Die Unternehmen müssen ihre Investitionen auch wieder verdienen", hatte Seifert noch Anfang März gesagt. "Gesundes und nachhaltiges Wachstum wäre mir lieber als ein irrationales Wachstum als Folge einer Bieterschlacht." Diese Bieterschlacht erscheint nun weiter weg denn je.

Aus diesem Grund müssen die Klubchefs am Dienstag sogar darüber nachdenken, die am Freitag vom Kartellamt abgesegnete Rechtevergabe weiter nach hinten zu verschieben. Immerhin ist das Geld für die kommende Saison in trockenen Tüchern – falls gespielt werden kann. Und wenn der Ball tatsächlich rollt und irgendwann sogar Zuschauer in den Stadien sind, sollte auch der Wert des Produkts wieder steigen. (sid, 25.3.2020)