Besonders bei Mieterinnen und Mietern gibt es in der aktuellen Situation viele Unsicherheiten.

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UPDATE: Am 3. April 2020 hat der Nationalrat umfassende Maßnahmen für den Schutz von (u.a.) Mietern beschlossen. Das "2. Bundesgesetz betreffend Begleitmaßnahmen zu COVID-19 in der Justiz", kurz "2. COVID-19-JuBG", wurde am 5. April im Bundesgesetzblatt Nr. 24 veröffentlicht (Artikel 37). Die wichtigsten Neuerungen wurden in diesen Artikel eingearbeitet.

Frage: Kann ich wegen der Corona-Pandemie meine Wohnungsmiete reduzieren?

Antwort: Im Prinzip Ja. Wer wegen der Auswirkungen der Pandemie in eine angespannte wirtschaftliche Situation geraten ist (Arbeitslosigkeit, Kurzarbeit, Umsatzeinbrüche als Selbstständiger, etc.), kann (ausschließlich) in den Monaten April, Mai und Juni 2020 seine Wohnungsmiete reduzieren und sie bis Jahresende (dann allerdings inklusive Verzugszinsen von vier Prozent per anno) zurückzahlen. Vermieter können Mietzinsrückstände aus dieser Zeit erst ab 1. Jänner 2021 einklagen (per Zahlungsklage), und eine Räumungsklage für einen Mietzinsrückstand aus dieser Zeit ist erst ab Juli 2022 möglich – also wenn bis dahin der fehlende Betrag noch nicht zurückgezahlt wurde. Es wird allerdings betont, dass es sich nicht um eine Verschiebung der Fälligkeit, sondern nur um eine Verschiebung der Klagbarkeit handelt. Wer sich die Miete weiterhin leisten kann, muss sie also weiterzahlen – und das wird diesfalls auch ausdrücklich empfohlen, denn der Vermieter darf auf die spätere (also ab 2021 mögliche) Nachforderung der Miete natürlich auch vier Prozent Verzugszinsen draufschlagen. Und: Ein Mieter, der zwischen April und Juni 2020 die Miete nicht oder nur zum Teil zahlt und dann ab Jänner 2021 vom Vermieter auf die Zahlung geklagt wird, müsste dann auch beweisen, dass er als Folge der COVID-19-Pandemie in seiner wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit erheblich beeinträchtigt war.

Frage: Kann ich wegen Corona-bedingten Nichtzahlens der Miete gekündigt oder delogiert werden?

Antwort: Nein, zumindest nicht wegen wirtschaftlicher Engpässe im Zusammenhang mit dem Virus und für Zahlungsrückstände aus den Monaten April, Mai und Juni 2020. Wichtige Einschränkung: Wenn der Vermieter beweisen kann, dass eine Räumung "zur Abwendung schwerer persönlicher oder wirtschaftlicher Nachteile" seinerseits dient, kann sie vollzogen werden. Das wäre etwa bei Eigenbedarf des Vermieters der Fall, oder auch dann, wenn er die Wohnung bereits weitervermietet hat und auf die Mietzinseinnahmen des Nachmieters dringend angewiesen ist.

Frage: Wurden Kündigungen und Delogierungen generell ausgesetzt?

Antwort: Nein. Hier ist die Sache aber kompliziert. Das 2. COVID-19-JuBG gibt Mietern zwar das Recht, einen (unbegründeten) Räumungsaufschub zu verlangen – wenn also eine Delogierung unmittelbar vor der Tür steht, und sofern die Wohnung zur Befriedigung eines dringenden Wohnbedürfnisses dient. De facto können Delogierungen derzeit aber ohnehin nicht durchgeführt werden, weil die Gerichte nur eingeschränkt arbeiten, laufende Fristen bis 30. April gehemmt wurden. Was Kündigungen betrifft, ist eines aber ganz wichtig: Aus anderen als wirtschaftlichen Gründen – etwa "unleidliches Verhalten" des Mieters, oder ein "erheblich nachteiliger Gebrauch" des Mietgegenstands – kann Mietern auch zwischen April und Juni 2020 gekündigt werden. Und davor oder danach natürlich sowieso.

Frage: Gilt das alles auch für Mieter von Einfamilienhäusern?

Antwort: Ja, die Regelungen zu Mietenstundung und Räumungsaufschub betreffen sämtliche Anwendungsbereiche, sowohl Voll- und Teilanwendung des Mietrechtsgesetzes (MRG) als auch die MRG-Vollausnahmen – also Mietverhältnisse, für die nur das ABGB gilt (Einfamilienhäuser).

Frage: Darf der Vermieter auf die Kaution zurückgreifen, um meinen Mietzinsrückstand abzudecken?

Antwort: Nein – das hat der Gesetzgeber ausdrücklich so festgeschrieben. Die Kaution darf vom Vermieter nicht angetastet werden, um Mietzinsrückstände aus den Monaten April bis Juni 2020 auszugleichen – denn ansonsten könnte er vom Mieter die sofortige Wiederauffüllung der Kaution verlangen, was das Problem für den Mieter ja nur verlagern würde.

Frage: Mein befristeter Mietvertrag endet, ich kann derzeit aber keine Wohnung finden. Was tun?

Antwort: Das soeben beschlossene Gesetz sieht auch eine Verlängerungsmöglichkeit von befristeten Mietverträgen bis maximal Jahresende vor. Mieter finden derzeit kaum eine neue Wohnung, Vermieter können auch schwer Nachmieter finden. Hier will der Gesetzgeber mit einer vorübergehenden Sonderregelung helfen. Alle Wohnungsmietverhältnisse in der Voll- und Teilanwendung des Mietrechtsgesetzes (MRG) mit einem Endtermin von 31. März 2020 bis 30. Juni 2020 können schriftlich um eine beliebige Dauer verlängert werden, sofern der spätestmögliche Endtermin 31. Dezember 2020 nicht überschritten wird. Diese Regelung gilt nicht für Einfamilienhäuser, aus dem einfachen Grund, dass es in diesem Bereich ohnehin keine dreijährige Mindestbefristungsdauer gibt. Mietverträge für Einfamilienhäuser können auch monatsweise abgeschlossen werden.

Frage: Können Wohnungsbesichtigungen derzeit stattfinden?

Antwort: Mit Wohnungsbesichtigungen war es schon schwierig, bevor die Ausgangsbeschränkungen in Kraft traten. Viele Wohnungssuchende tauchten gar nicht mehr auf oder sagten kurzfristig ab. Derzeit werden analoge Wohnungsbesichtigungen bis auf wenige Ausnahmefälle gar nicht angeboten – obwohl paradoxerweise jetzt das Interesse an neuen Wohnungen sehr groß zu sein scheint, wie Maklerunternehmen berichten. So gebe es durchaus Anfragen, auch der Traffic auf den Maklerseiten sei durchaus beachtlich. Wohnrechtsexperte Christoph Kothbauer ist außerdem der Meinung, dass es grundsätzlich möglich und zulässig sein muss, in dringenden Fällen Objektbesichtigungen durchzuführen – schließlich werden Miet- und Kaufgegenstände ebenso "zur Befriedigung existenzieller Bedürfnisse dringend benötigt". Das wird sich allerdings nur auf bereits leerstehende Objekte beziehen lassen, so der Experte: Wohnungen, in denen noch jemand wohnt, "sind einer Besichtigung zurzeit nicht zugänglich. Das Interesse der aktuellen Nutzer, sich vor persönlichen Kontakten zu schützen, ist wohl zweifelsfrei höher zu bewerten als das Verwertungsinteresse der Eigentümer."

Derzeit werden von Bauträgern und Maklerbüros aber virtuelle Wohnungsbesichtigungen forciert – also beispielsweise 360-Grad-Aufnahmen eines Objekts, die über das Internet übertragen werden. Damit können sich Interessenten von zu Hause aus virtuell durch die Wohnung bewegen. Manche Plattformen probieren es auch mit Live-Besichtigungen, wo der Makler sich durch die Wohnung bewegt und die Wohnungssuchenden sich zuschalten können. Bei dringendem Wohnbedürfnis gibt es beispielsweise beim Maklerbüro Immofair auch die Möglichkeit, sich eine Wohnung ohne Makler anzuschauen. Auch die Schlüsselübergabe erfolgt in solchen Fällen kontaktlos.

Frage: Ich habe bald einen Übergabetermin für eine neue Wohnung. Kann der wie geplant stattfinden?

Antwort: Genaueres weiß natürlich der Vermieter beziehungsweise Bauträger. Generell können Wohnungsübergaben an Mieter oder Käufer derzeit aber weiterhin stattfinden, wenn auch unter genauester Einhaltung der Abstands- und Hygienevorschriften.

Frage: Meine neue Wohnung ist noch in Bau. Kann sie rechtzeitig fertig werden?

Antwort: Die Baustellen waren Corona-bedingt für ein bis zwei Wochen stillgelegt, da wird es wohl bei manchen Projekten Verzögerungen geben – abhängig davon, ob die verlorene Zeit bis zum geplanten Fertigstellungstermin noch aufgeholt werden kann. Bei einem Verzug gilt: Überschreitet der Bauträger das vertraglich vereinbarte späteste Übergabedatum, hat ein Käufer das Recht, zunächst eine "angemessene" Nachfrist zu setzen. Wird auch die nicht eingehalten, kann der Käufer vom Kaufvertrag zurücktreten. Aktiv über einen Baustopp informieren müssen Bauträger ihre Kunden übrigens nicht. Für den AK-Experten Walter Rosifka ist aber klar: "Wenn absehbar ist, dass sich die Übergabe der Wohnung verzögert, muss ich dem Kunden das natürlich mitteilen."

Frage: Darf ich meinen geplanten Umzug derzeit durchführen?

Antwort: Professionelle Umzugsunternehmen dürfen weiterhin arbeiten. Wenn Freunde und Familie beim Umzug (mit-)anpacken, bewegt man sich im rechtlichen Graubereich. Gruppen von mehr als fünf Personen sind derzeit ja verboten, und generell soll man zu Menschen, mit denen man nicht im selben Haushalt lebt, einen Mindestabstand von einem Meter einhalten. Allerdings: "Wenn der Mietvertrag abläuft, ist die neue Wohnung ja lebensnotwendig, um die geltenden Ausgangsbeschränkungen einzuhalten", meint AK-Experte Rosifka. Zudem darf die eigene Wohnung derzeit ja auch unter anderem dazu verlassen werden, um anderen Personen zu helfen, "das könnte man schon darauf ummünzen", so der Experte.

Frage: Können Eigentümerversammlungen derzeit durchgeführt werden?

Antwort: Nein, wegen des Versammlungsverbots von mehr als fünf Personen können derzeit keine Eigentümerversammlungen stattfinden. Bereits anberaumte Versammlungen sind zu verschieben. "Sollte bezüglich bestimmter Beschlussgegenstände Dringlichkeit bestehen, so steht den Eigentümergemeinschaften das Instrumentarium einer schriftlichen Willensbildung zur Verfügung", informiert Wohnrechtsexperte Kothbauer.

Frage: Ich will meine Wohnung beziehungsweise mein Haus renovieren. Geht das derzeit?

Antwort: Viele Auftraggeber würden derzeit zwar lieber keine Handwerker daheim empfangen, erklärt der Bundesinnungsgeschäftsführer der Installateure, Christian Atzmüller. Wo das doch geschieht, wird Abstand gehalten und Schutzausrüstung getragen. Montagearbeiten dürfen zwar weiter stattfinden, bestätigen die WKO-Innungen Bau und Installateure. Baumärkte haben aber geschlossen. Wer also als Selbermacher Werkzeug oder Baumaterial braucht, muss abwarten. (bere, mapu, zof, 6.4.2020)