Das Homeschooling mag für Kinder in bildungsnahen Haushalten durchaus machbar und reizvoll sein, für Kinder aus sozial prekären Verhältnissen ist es ein großes Problem.

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Woche zwei des Coronavirus-bedingten Homeschoolings oder schlicht Hausunterrichts läuft, und es häufen sich Berichte entnervter Eltern, die als Hauslehrer überfordert sind, andere wiederum meinen, ihre Kinder würden viel weniger Aufgaben bekommen als anderswo, Lehrerinnen erhalten bis spätnachts Whatsapp-Botschaften ihrer Schüler. Nur die Gruppe, die durch die erzwungene Schulauszeit am meisten zu verlieren hat, kommt kaum zu Wort. Für Kinder aus benachteiligten Sozialmilieus berge Homeschooling große Gefahren, warnt Bildungspsychologin Christiane Spiel. Sie plädiert dringend für Maßnahmen, "damit wir diese Gruppe nicht verlieren", sagt sie im STANDARD-Gespräch.

Das oft elektronisch unterstützte Daheimlernen mag für Familien, wo die Eltern selbst gut gebildet sind, die die technische Ausstattung (PC, Drucker, WLAN) und auch Erfahrung damit haben, ihre Kinder also unterstützen können, sogar reizvoll sein. Was aber ist mit Eltern mit niedrigerer Bildung, geringen Deutschkenntnissen und zu wenig Ressourcen, um digital aufzurüsten und ihren Kindern jetzt helfen zu können?

Schülertandems bilden

Für die erste Gruppe gebe es genug Materialien – oft von den Klassenlehrern selbst, aber auch eine Unmenge im Internet. "Aber erreicht man damit alle Kinder? Nein", sagt die Bildungspsychologin und schlägt als einfach umzusetzende Sofortmaßnahme ein Buddy-Modell vor. In den einzelnen Klassen sollten Schülertandems zusammengespannt werden "mit einem Kind, das gute familiäre Ressourcen hat, und einem, das das eben nicht hat", erklärt Spiel: "Sie könnten sich dann austauschen und unterstützen." Und zwar nicht nur über Lernbelange und Schulfragen, sondern auch andere Themen, die in diesen Corona-Tagen daheim auftauchen.

Das beginne bei der Tagesstruktur, die viele Kinder nicht alleine organisieren können – wenn dann ihre Eltern das auch nicht können, wird es schwierig, zu Hause ein adäquates Lernumfeld zu schaffen. Die Tandemkinder könnten Lernstrategien austauschen. Wie lerne ich? Wie teile ich mir die Zeit ein? Wie halte ich die Motivation aufrecht? Unbedingt auch durch geplante Pausen zum Spielen oder für Sport, auch daheim auf wenig Platz, sagt die Bildungsexpertin.

Das Buddy-Modell wäre eine Win-win-Situation, sagt Spiel, "weil bei beiden Kindern psychologische Grundbedürfnisse erfüllt werden. Sie erleben Kompetenz und Autonomie. Sie erfahren aber auch Eingebundenheit und dass sie gebraucht werden." (Lisa Nimmervoll, 26.3.2020)