Die Hotline 1450 wurde nach einem regelrechten Ansturm von Anrufern zuletzt kräftig aufgestockt.

Foto: APA / Roland Schlager

Wien – Die Gesundheitshotline 1450, lange nur mit mitttelmäßiger Bekanntheit gesegnet, erfuhr in den letzten Wochen einen großen Schub: Fast jedem ist die Hotline als primäre Anlaufstelle in Sachen Corona bekannt. Hegt man das Gefühl, dass man ein Verdachtsfall sein könnte, soll man dort anrufen, seine Symptome schildern und wird im Falle des Falles getestet werden.

In der Corona-Krise häuften sich aber auch Berichte über zum Teil stundenlange Wartezeiten in der Telefonschleife und unzureichende Informationen seitens der Mitarbeiter. Die Stadt Wien stockte daraufhin das Personal von 30 auf 300 Mitarbeiter auf. Mittlerweile haben sich die Wartezeiten deutlich verkürzt. Das liegt auch am gesunkenen Andrang: Vor einer Woche wurden rund 21.000 Anrufe pro Tag verzeichnet, am Dienstag waren es 3600 Anrufe.

Doch hinter den Kulissen hapert es, sagt eine dort tätige Telefonkraft: Sie kritisiert mangelnden Informationsfluss und fehlenden technischen Support. "Das Hauptproblem ist, dass wir nicht über aktuelle Änderungen informiert werden", verrät die Fachkraft. Als bekannt wurde, dass Tirol zu den Risikogebieten zähle, die eine Testung qualifizieren, hätten sie das aus den Medien erfahren.

Rasche Änderungen bei Kriterien für Testungen

Die Kriterien, nach denen getestet wird, würden sich außerdem teils rasch ändern. Bis vor einigen Tagen hieß es etwa noch, dass auch im Falle von Auftreten von Symptomen in Kombination mit einem Alter über 65 Jahren ein Test angeordnet werden könne.

Die Personen, mit denen aufgestockt wurde, seien großteils Callcentermitarbeiter und Medizinstudenten. An ausgebildetem Fachpersonal gebe es nur gut 20 Personen, die Anzahl soll aber etwas erhöht werden. Kritik gibt es auch daran, dass keine medizinische Leitung oder Ansprechperson vor Ort sei: "Ein großes Problem gab es etwa, als die Gerüchte über Ibuprofen aufgetaucht sind und die Leute bei uns angerufen haben und Auskünfte wollten. Da werden wir dann alleine gelassen." Lange Wartezeiten für Anrufer seien in der Vergangenheit auch an technischen Problemen gelegen.

Die Arbeitsbelastung sei hoch – auch, wenn die meisten hohen Druck gewöhnt seien: "Wir wickeln viele Deeskalationsgespräche ab. Es kommt vor, dass Leute anrufen und zu uns sagen: ‚Wenn mein Kind wegen ihrer Empfehlungen sterben sollte, wen kann ich dann anzeigen?‘" Ein Angebot zur Supervision gebe es nicht.

Einige Kritikpunkte laut Stadt nicht nachvollziehbar

Im städtischen Fonds Soziales Wien (FSW) kann man einige Kritikpunkte nicht nachvollziehen. Natürlich könne es vorkommen, dass Medien schon vor Vorliegen der aktualisierten Falldefinition für Coronatests diese kommunizieren. Bei 1450 müsse aber immer auf die letztgültige Fassung des Gesundheitsministeriums zurückgegriffen werden. Der Faktor "Alter über 65" finde sich jedenfalls nicht mehr in der Falldefinition.

Die Aufstockung der Hotline aufgrund des Andrangs sei "eine Herausforderung für alle Beteiligten". Es gebe aber für Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen zwingend notwendige Schulungen, Teams seien auf zwei Standorte aufgeteilt. Eine ärztliche Leitung stehe für beide Orte zur Verfügung. Das Side-by-Side-Coaching sei intensiviert worden, Dienste würden mit Mitarbeitern nachbesprochen und reflektiert.

Zurückgewiesen wird der Vorwurf, dass es zu wenig ausgebildetes Fachpersonal bei der Hotline gibt. So hätten 131 der mehr als 300 MitarbeiterInnen "medizinischen Hintergrund und können aktuell etwa auch die Abklärung eines möglichen Corona-Verdachtsfalls vornehmen", wie es zum STANDARD heißt. Davon sind derzeit 48 diplomierte Gesundheits- und Krankenpfleger (DGKPs), 82 MedizinstudentInnen und ein Arzt. "Im Bereich der DGKPs konnten wir bereits mehr als verdoppeln", sagte ein Sprecher des FSW. Die restlichen Mitarbeiter sind sogenannte "Calltaker": Sie erheben die Stammdaten der Anrufer oder wickeln allgemeine Infogespräche ab. (David Krutzler, Vanessa Gaigg, 25.3.2020)