Der Asteroid Itokawa gleicht äußerlich einer Erdnuss.
Foto: Jaxa

Am 12. September 2005 gelang es der Sonde Hayabusa erstmals in der Geschichte der Raumfahrt, Bodenproben von einem Asteroiden aufzunehmen. Obwohl sich der Heimflug von dem rund 535 Meter langen, Erdnuss-förmigen Geröllhaufen (25143) Itokawa wegen technischer Probleme um drei Jahre verzögerte, schaffte das Raumfahrzeug der japanischen Raumfahrtagentur JAXA mit seiner kostbaren Fracht an Bord am 13. Juni 2010 die Rückkehr zur Erde. Die abgetrennte Kapsel mit etwa 1.500 silikathaltigen Gesteinskörner von jeweils unter zehn Mikrometern Durchmesser im Transportbehälter landete unbeschadet in Australien. Bis heute liefern die außerirdischen Brösel neue Erkenntnisse über Asteroiden im Allgemeinen und Itokawa im Speziellen.

Überraschende Eisenhärchen

Einem internationalen Team ist es nun gelungen, einigen dieser winzigen Probenkörnchen bislang unentdeckte Geheimnisse zu entlocken: Die Oberfläche der Körnchen ist offenbar mit winzigen feinsten Kristallen aus Eisen übersät. Diese Beobachtung ist eine große Überraschung, immerhin hatten Fachleute aus aller Welt in den zurückliegenden zehn Jahren bereits ausgiebig Struktur und chemische Zusammensetzung der Staubteilchen von Itokawa untersucht – die Eisenhärchen waren bislang jedoch nicht aufgefallen. Erst der japanische Wissenschafter Toru Matsumoto, der als Gastforscher an der Friedrich-Schiller-Universität Jena arbeitet, konnte den feinen "Pelz" mittels hochauflösender Aufnahmen mithilfe eines Transmissionselektronenmikroskop ausfindig machen.

Itokawa misst 535 Meter mal 294 Meter mal 209 Meter. Auffällig ist das fast völlige Fehlen von Impaktkratern. Manche Areale sind von Regolith und Felsbrocken verschiedener Größe bedeckt, anderswo liegt blankes Gestein zutage. Er hat in etwa die Dichte von Sand, was nahe legt, dass es sich bei dem Asteroiden um einen nur von der Gravitationskraft zusammengehaltenen "Schutthaufen".
Foto: Jaxa

Kosmische Verwitterung

Spannend macht diese Entdeckung nicht allein die Tatsache, dass die Eisenhärchen, die inzwischen auch auf weiteren Partikeln das Asteroiden nachgewiesen wurden, bislang übersehen worden sind, sondern vor allem wie sie entstanden. "Diese Strukturen sind das Ergebnis kosmischer Einflüsse auf der Oberfläche des Asteroiden", erläutert Falko Langenhorst, ebenfalls von der Friedrich-Schiller-Universität Jena. Neben Gesteinsbrocken treffen auch energiereiche Teilchen des Sonnenwindes auf die Asteroidenoberfläche, die dadurch verwittert.

Ein wichtiger Bestandteil des Asteroiden ist das Mineral Troilit, in dem Eisen und Schwefel gebunden vorliegen. "Infolge der Weltraumverwitterung wird das Eisen aus dem Troilit freigesetzt und lagert sich in Form der jetzt entdeckten Nadeln auf der Oberfläche ab", sagt der Mineraloge. Der Schwefel aus dem Eisensulfid verflüchtigt sich wiederum in Form gasförmiger Schwefelverbindungen in das umgebende Vakuum.

Die mikroskopischen Aufnahmen in Falschfarben: (a) Eines der untersuchten Staubteilchen. Das Mineral Troilit (FeS, violett) ist umgeben von Silikat (gelb). (b) Troilitoberfläche (violett) mit Eisenhärchen (blau). (c) Eisenkristall vergrößert.
Fotos: Toru Matsumoto

In 1.000 Jahren zweieinhalb Mikrometer gewachsen

Aus der Größe und Anzahl der detektierten Eisenkristalle konnten die Forscher zudem abschätzen, wie schnell der Asteroid den Schwefel verliert. "Der Prozess verläuft für kosmische Dimensionen unheimlich schnell", sagt Matsumoto. Die von ihm analysierten Kristalle haben eine Länge von bis zu zweieinhalb Mikrometern, was etwa einem Fünfzigstel der Dicke eines menschlichen Haares entspricht. "Solche Größen haben die Härchen schon nach rund 1.000 Jahren erreicht", so der Forscher von der Kyushu Universität in Fukuoka. Langfristig lasse sich die Analyse der Eisenkristalle nutzen, um die Verwitterungsprozesse auch auf anderen Himmelskörpern besser zu verstehen und ihr Alter zu bestimmen, schreiben die Forscher im Fachjournal "Nature Communications".

Dabei haben die Forscher schon ganz konkrete Objekte im Visier: Die Sonde OSIRIS-REx der Nasa bereitet derzeit die Probenahme auf dem Asteroiden Bennu vor. Hayabusa2 der JAXA ist bereits auf dem Rückweg zur Erde. Die japanische Sonde hat im vergangenen Jahr den Asteroiden Ryugu besucht und wie auch bei Itokawa Staubteilchen eingesammelt. Ende 2020 sollen die Proben auf der Erde landen. (red, 26.3.2020)