Statt im März aufzuhören, müssen rund 1500 Zivildiener noch drei Monate länger bleiben, um in der Hochphase der Corona-Epidemie auszuhelfen. Die Entlohnung der dringend gebrauchten Nothelfer ist eher mau.

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Wien – Eigentlich wäre es für Jakob* kommenden Dienstag vorbei gewesen. Nach neun Monaten beim Krankentransport hätte der 20-jährige Niederösterreicher Ende März seinen Zivildienst beenden sollen – und wollen. Für April hatte er bereits eine fixe Zusage für ein Praktikum in einer Logistikfirma. Daraus wird jetzt nichts: So wie 1.500 anderen jungen Männern auch, wurde Jakob mitgeteilt, dass sein Zivildienst um drei Monate verlängert wird. Im Unterschied zu jenen Ex-Zivis, die von der Regierung zur (vorerst jedenfalls) freiwilligen Rückkehr aufgefordert werden, hatte er keine Wahl und muss weiter dienen. Schließlich brauche es zur Entlastung des Gesundheitswesens in der Corona-Krise "jede helfende Hand", wie Zivildienstministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) in den vergangenen zwei Wochen immer wieder betonte.

Viel Pflicht, wenig Lohn

Nicht jede zusätzliche Zivi-Hand ist dem Staat allerdings gleich viel wert, wie auch Jakob feststellen musste. So wie alle verlängerten Zivildiener wird er in den kommenden drei Monaten 347 Euro Grundvergütung plus einen Zuschlag von 190 Euro erhalten. Zu diesem Betrag von 537 Euro kommt für Jakob als Sanitäter noch ein tägliches Essensgeld dazu, wodurch er summa summarum auf etwas mehr als 900 Euro monatlich kommen wird. "Von 900 Euro kann man nicht wirklich leben. Außerdem hätte ich bei meinem Praktikum ab April deutlich mehr verdient, dieser Einkommensentgang wird aber leider nicht berücksichtigt. Ich kann ja verstehen, dass wir jetzt gebraucht werden, aber wieso verdienen wir nicht einmal annähernd so viel wie die freiwilligen Zivis?", fragt er.

Freiwillige bekommen deutlich mehr

Eine berechtigte Frage, denn die Differenz zwischen beiden Sondergruppen von Zivildienern ist frappierend. Rund 2.000 Männer sind bisher dem Aufruf der Regierung gefolgt und haben sich für einen nochmaligen Dienst an der Gesellschaft gemeldet. Sie verdienen definitiv mehr als die Verlängerten, bei den Angaben über die Höhe gestalteten sich die Angaben jüngst widersprüchlich: Zunächst sprach das Ministerium von mindestens 1.200 Euro brutto; die Zivildienstserviceagentur nannte auf ihrer Website hingegen mindestens 1.300 Euro netto – diese Zahl steht in der Zwischenzeit auch auf der Website des Ministeriums, ist aber gemäß Heeresgebührengesetz wiederum zu niedrig angesetzt und wird deshalb mittlerweile auch nicht mehr von der Zivildienstserviceagentur angeführt.

Tatsächlich bekommen die Freiwilligen pro Monat netto mindestens 1.677 Euro – zusammengesetzt aus einer Pauschalentschädigung von 1.140 Euro plus 347 Euro Grundvergütung plus 190 Euro Zuschlag. Das ist fast doppelt so viel Geld wie für Jakob, dem diese Diskrepanz "eher unfair" erscheint. (Wer im angestammten Job mehr als 1.140 Euro netto verdient und sich als Zivi meldet, bekommt übrigens entsprechend diesem Zusatzbetrag mehr als 1.677 Euro.)

Grünen-Abgeordneter Stögmüller versteht Beschwerden

Der grüne Zivildienstsprecher David Stögmüller zeigt im Gespräch mit dem STANDARD Verständnis für die finanziellen Beschwerden der verlängerten Zivis, die in den kommenden Monaten als Notnagel des Gesundheits- und Betreuungswesens herhalten sollen. "Ich kann sehr gut nachvollziehen, dass diese jungen Männer sich ungerecht behandelt fühlen. Ich habe mich auch in den Gesprächen mit der ÖVP bemüht, eine bessere Regelung herauszuverhandeln, aber in diesem Punkt war das leider nicht möglich." Laut Stögmüller stand das türkis geführte Finanzministerium hier auf der Bremse. Aus dem Büro von Zivildienstministerin Köstinger gibt es auf Fragen nach der Fairness und einer möglichen Erhöhung der Vergütung für Verlängerte bisher keine Antwort.

Vom Krankenwagen ins Pflegeheim?

Wofür Jakob in den nächsten drei Monaten seine rund 900 Euro bekommen wird, ist ihm noch nicht klar. Im Krankentransport sei momentan quasi nichts zu tun, weil die meisten Ambulanzen auf Notbetrieb gestellt sind und Eingriffe in Spitälern und bei Ärzten allenthalben verschoben werden. "Wir fadisieren uns in der Zentrale", berichtet er. Gut möglich also, dass er demnächst einer anderen Einrichtung zugewiesen wird, die mehr Bedarf hat. Besonders im Pflegebereich werden Engpässe befürchtet, zumal wegen der Grenzschließungen zahlreiche osteuropäische 24-Stunden-Pflegerinnen wegfallen, sodass Umschichtungen beim Pflegepersonal notwendig sein dürften. Bei der Vorstellung, in einem Pflegeheim mitzuarbeiten, ist Jakob etwas mulmig zumute: "Ich habe keine Ahnung, was mich erwartet, wenn ich dort hineingeschoben werde. Darauf vorbereitet bin ich jedenfalls nicht." (Theo Anders, 27.3.2020)