Schuppentiere aus Malaysia könnten an der Übertragung des Sars-CoV-2-Virus beteiligt gewesen sein.
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Wissenschafter haben möglicherweise einen tierischen Zwischenwirt des Sars-CoV-2-Virus identifiziert. Der Stammbaum von Sars-CoV-2 ist mittlerweile weitgehend geklärt: Die meisten Coronaviren wie Sars1 oder eben Sars-CoV-2 sind genetisch zu rund 80 Prozent identisch. Außerdem sind beide Virenarten jeweils mit Fledermausviren näher verwandt als untereinander, wie die Wiener Virologin Elisabeth Puchhammer-Stöckl (MedUni Wien) erklärt. Die Fledermäuse seien das wahrscheinlichste Reservoir, weil sie durch die Viren nicht krank werden.

Gegen Ende vergangenen Jahres dürfte Sars-CoV-2 auf einen Zwischenwirt übergesprungen sein – und diesen haben chinesische Wissenschafter nun nach eigenen Angaben mit hoher Wahrscheinlichkeit gefunden: Das Team um Yi Guan von der Universität Hongkong fand in nach China geschmuggelten Schuppentieren Coronaviren, die eng mit dem Sars-CoV-2-Virus verwandt sind. Der Grad der Ähnlichkeit ist zwar nicht hoch genug, um daraus zu schließen, dass die Schuppentiere direkt für den Sars-CoV-2-Ausbruch verantwortlich sind.

Verkaufsverbot auf Wildtiermärkten

Die in "Nature" veröffentlichten Ergebnisse legen jedoch nahe, dass die Schuppentiere ein zweiter Säugetierwirt von Coronaviren sind. In jedem Fall sollte ihr Verkauf auf Wildtiermärkten strengstens verboten werden, um das Risiko einer zukünftigen Virusübertragung auf den Menschen zu minimieren, fordern die Wissenschafter. Schuppentiere wären demnach abgesehen von den Fledermäusen die einzigen Säugetiere, bei denen eine Infektion mit einem Sars-CoV-2-verwandten Coronavirus bekannt wurde.

Obwohl vieles darauf hinweist, dass Fledermäuse das wahrscheinliche Reservoir für Sars-CoV-2 sein dürften, ist die Identität von anderen Wirtstieren, die den Transfer dieses Virus auf den Menschen erleichtern können, unbekannt. Ein Seafood-Markt in Wuhan, auf dem auch mit Wildtieren gehandelt wurde, gilt als Ursprung von Covid-19. Dass dieser kurz nach Beginn des Ausbruchs geräumt wurde, hat bei der Suche nach jener Tierart, die die Quelle des Coronavirus darstellt, nicht gerade geholfen.

Auf chinesischen Märkten wie hier in Guangzhou in der Provinz Guangdong werden eingeschmuggelte Schuppentiere angeboten.
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Yi Guan und seine Kollegen analysierten Proben von 18 malaiischen Schuppentieren, die zwischen August 2017 und Jänner 2018 bei Razzien gegen Schmuggler in Südchina einkassiert worden waren. Bei fünf dieser Tiere wurden Sars-CoV-2-verwandte Coronaviren nachgewiesen. Ferner entdeckten die Forscher ähnliche Coronaviren bei drei von 12 weiteren Tieren, die 2018 in einer anderen Provinz beschlagnahmt wurden. Auch 2019 wurden die Wissenschafter bei einem beschlagnahmten Tier fündig.

Bis zu 92 Prozent ident mit Sars-CoV-2

Die aus den Proben isolierten Viren sind zu 85 bis 92 Prozent mit dem Sars-CoV-2-Virus ident. Eines der Viren zeigte außerdem eine starke Ähnlichkeit mit der Bindungsstelle der Sars-CoV-2-Erreger, die den Eintritt in Wirtszellen erleichtert. Allen bisher identifizierten Schuppentier-Coronaviren fehlt jedoch eine spezifische Veränderung ihrer Gensequenzen, die im menschlichen Sars-CoV-2 vorkommt. Dieser Unterschied weckt allerdings auch Zweifel über die tatsächliche Rolle der Schuppentiere bei der Übertragung des Sars-CoV-2-Virus auf den Menschen. (tberg, red, 27.3.2020)