Am Wochenende, wenn das Wetter wieder schöner wird, wird die Polizei die Streifen verstärken, kündigte sie an.

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Eigentlich habe er nach einem anstrengenden Arbeitstag nur etwas Luft schnappen wollen, erzählt ein Wiener dem STANDARD. Er habe deshalb seine Wohnung kurz verlassen und sich nach einem kurzen Spaziergang in einen nahegelegenen Park begeben. "Dort bin ich dann auf einer Parkbank gesessen und habe eine Zigarette geraucht", sagt er. Daraufhin sei er von der Polizei angesprochen und des Parks verwiesen worden. Auf den Hinweis, dass es für die Wegweisung keine Grundlage gebe, hätten die Beamten nicht reagiert.

"Was grundsätzlich gilt, gilt auch jetzt: Für alle Situationen, in denen die Polizei hoheitlich handelt, braucht sie eine gesetzliche Grundlage, die auch auf den konkreten Fall passen muss", sagt der Rechtsanwalt Clemens Lahner. Das Verweilen auf einer Parkbank sei seiner Meinung nach zum Beispiel zulässig. "Es ist eine neue Bestimmung, deren Kontrolle sich auch erst einpendeln muss", sagt der Anwalt.

Von der Wiener Polizei heißt es, Einzelfälle könne man bei den tausenden Gesprächen, die man derzeit führe, nicht kommentieren. Wer sich ungerecht behandelt fühle, könne Beschwerde einlegen. Beamte würden aber sehr wohl auch Menschen ansprechen, die nichts explizit Verbotenes machen, sagt ein Sprecher der Landespolizei Wien, "auch wenn manches erlaubt ist, ist es nicht sinnvoll".

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Es geht ums Glaubhaftmachen

Was regelt die geltende Verordnung nun eigentlich genau? Grundsätzlich wird der Aufenthalt im öffentlichen Raum beschränkt. Es wurden aber fünf Ausnahmen definiert, bei deren Anwendung die Polizei einen nicht strafen oder wegweisen darf.

Es herrscht jedoch die Verpflichtung, seine Gründe, warum man sich draußen aufhält, "glaubhaft" machen zu können. Zum Beispiel, wenn man mit einer zweiten Person unterwegs ist und die Polizei gerne wissen würde, ob man im selben Haushalt lebt: "Dann müsste es in der Regel ausreichen, wenn beide dieselbe Adresse nennen", sagt Lahner. "Wenn man hingegen mit der U-Bahn stadteinwärts fährt und dann auf Nachfrage angibt, dass man spazieren geht, wäre das nicht glaubhaft."

Besorgte Bürger melden Menschenansammlungen

Das Inkrafttreten der Ausgangsbeschränkungen rief auch Bürger auf den Plan, die nun vermeintliche Verstöße melden. In sozialen Medien kursieren Bilder von Obdachlosen oder von Bauarbeitern, die, nach Ansicht der Fotografen, zu wenig Abstand halten würden.

Hinweise seien jedoch oft nicht hilfreich, sagt ein Polizeisprecher. Erstens sei die Notrufnummer 133 der "Single Point of Contact" zur Polizei, "ansonsten werden wir keinen Einsatz auslösen. Wenn jemand anruft und sagt, auf der Donauinsel gehe eine Gruppe Jugendlicher, dann ist das für uns völlig unbrauchbar", so der Sprecher. Man sei ohnehin verstärkt auf Streife unterwegs. Über 1.500 Anzeigen wurden allein in der ersten Woche wegen Verstößen gegen das Covid-19-Maßnahmengesetz ausgesprochen. Festnahmen gab es deswegen bisher keine, bei sieben Festnahmen aber gab es laut Polizei einen "Covid-Bezug".

Warnung vor Betrügern

Wegen dreier Fälle ermittelt außerdem die Wiener Staatsanwaltschaft. In zweien geht es darum, dass Personen andere anspuckten und dann angaben, sie seien infiziert. Die Testergebnisse stehen bisher aus. Im dritten Fall geht es um einen Arzt, der von einem Patienten mit Covid-19 angesteckt worden sein soll, nachdem der Patient behauptet hatte, er sei gesund, um von dem Facharzt behandelt zu werden. Auf die vorsätzliche Gefährdung von Menschen durch übertragbare Krankheiten stehen bis zu drei Jahre Haft, auf die fahrlässige Gefährdung ein Jahr oder bis zu 720 Tagessätze Geldstrafe.

Auch Internetbetrüger sind schnell auf den Corona-Zug aufgesprungen. Im Umlauf sind Massenmails, die Schutzmasken, Desinfektionsmittel oder Medikamente versprechen. In Wahrheit sind das meistens Phishingmails, die es auf Bankdaten und Passwörter abgesehen haben. Die Polizei rät dringend von der Beantwortung derartiger Mails und dem Besuch der darin angegebenen Links ab. Auch keine Bank kommuniziere auf diese Weise.

Der sogenannte Neffentrick wurde ebenso adaptiert. Dabei werden gezielt ältere Menschen angerufen, häufig wählen die Betrüger einfach altmodisch klingende Namen aus dem Telefonbuch aus. Die Anrufer geben vor, entfernte Verwandte zu sein, die Geld für eine Corona-Behandlung brauchen. In manchen Fällen vereinbaren die Betrüger persönliche Geldübergaben, in anderen Fällen werden den Opfern die Bankdaten herausgelockt, um Geld abzubuchen. Der Trick funktioniert zwar nicht sehr oft, aber wenn, dann geht es meist gleich um tausende Euro. Aus früheren Fällen weiß die Polizei, dass ältere Menschen sich häufig dafür genieren, sich nicht an die vermeintlichen Verwandten zu erinnern, und deswegen bereitwillig helfen. (Vanessa Gaigg, Gabriele Scherndl, Michael Simoner, 27.3.2020)