Dieser Antikörpertest einer niederländischen Firma, der kürzlich vorgestellt wurde, soll in 15 Minuten Auskunft über eine überstandene Infektion bieten.

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Es hat zwar ein bisschen gedauert. Doch spätestens seit Anfang dieser Woche ist auch Österreich auf die von der WHO ausgerufene Parole "Testen, testen, testen" umgeschwenkt. Die Zahl der täglichen Testungen hat sich von der Vorwoche auf diese in etwa verdoppelt, in den letzten Tagen waren es mehr als 4000.

Im internationalen Vergleich steht Österreich mit bis jetzt knapp 40.000 Covid-19-Testungen recht gut da. Und Gesundheitsminister Rudolf Anschober hat am Donnerstag bei seiner Pressekonferenz eine abermalige Ausweitung der Testkapazitäten versprochen. Von einem Screening der Gesamtbevölkerung, wie das Bundeskanzler Sebastian Kurz in den Raum stellte, riet Experte Herwig Kollaritsch bei Anschobers Pressekonferenz aber explizit ab, weil sie keine neuen Informationen bringen würde.

Großflächige Tests in Südkorea

Sind Massentestungen also tatsächlich sinnlos? Und welche internationalen Strategien gibt es bei den Tests? Als Vorbilder werden immer wieder zwei Länder mit unterschiedlichen Voraussetzungen genannt: Südkorea und Island. Südkorea hat früh auf die Pandemie reagiert, wozu auch großflächige Tests – teilweise um die 10.000 pro Tag – gehörten.

Insgesamt hat das ostasiatische Land Stand Mittwoch 357.896 Tests durchgeführt. Die erst sehr viel später aktiv gewordenen USA haben Südkorea mit mehr als 400.000 Testungen zwar mittlerweile überholt, allerdings stehen 329 Millionen US-Amerikanern nur 51 Millionen Südkoreaner gegenüber. Der Abdeckungsgrad ist in Südkorea also bedeutend höher. Andere große Nationen wie Deutschland, Italien, Japan oder Großbritannien liegen im Vergleich der Testungen zur Einwohnerzahl ebenfalls deutlich hinter Südkorea.

Covid-19-Testlabor Island

Island indes macht sich gerade selbst zum Covid-19-Test- und Versuchslabor. Nachdem dort zunächst nur Verdachtsfälle getestet worden waren, begann am 13. März ein Projekt zum Screening der Gesamtbevölkerung, für das die nationalen Behörden mit der privaten Genomikfirma Decode Genetics kooperieren, die über enorme Labor- und Rechnerkapazitäten verfügt. Die Teilnahme ist freiwillig und läuft in mobilen Testeinheiten ab.

Allzu weit ist man in Island, das rund 364.000 Einwohner zählt, freilich noch nicht gekommen: Stand Donnerstagmittag wurden auch "nur" 11.727 Tests durchgeführt. Selbst unter überschaubaren Bedingungen stößt ein Gesundheitssystem an seine Grenzen. Diese Woche ist die isländische Testrate schlicht und einfach deshalb stark zurückgegangen, weil es im Land an Tupfern mangelt.

Erste Erkenntnisse

Diese Tests, die eben auch an symptomfreien Isländern durchgeführt wurden, brachten indes schon einen ersten wichtigen Aufschluss: Laut Thorolfur Guðnason, dem Chefepidemiologen des Landes, zeigten rund 50 Prozent der Menschen, bei denen der Test positiv ausfiel, keinerlei Symptome. Das wirft ein neues Licht auf die Dunkelziffer, die große Unbekannte der Covid-19-Pandemie.

Dieser Dunkelziffer will mit ganz ähnlichen Methoden wie in Island nun auch Robert Wieler nachgehen, der Präsident des Robert-Koch-Instituts, das für die Covid-19-Strategien in Deutschland zuständig ist. Wieler gab am Donnerstag bekannt, ähnlich wie in Island repräsentative Stichproben der Bevölkerung testen zu wollen.

Massentests im April?

Braucht es also gar keine Massentestungen? Im Moment noch nicht, zumal die dafür nötigen Tests noch nicht am Markt sind, wie Wieler sagt. Doch in den nächsten Wochen könnten dafür die nötigen Voraussetzungen gegeben sein. Im Moment geht es nämlich noch darum, mit Testungen sicherzustellen, ob Personen mit einschlägigen Symptomen auch tatsächlich an Covid-19 erkrankt sind. Diese Tests weisen die RNA des Virus nach und sind aufwendig.

In einigen Wochen interessiert dann aber auch die Frage, wer bereits infiziert war – und eine entsprechende Immunität gegen das Virus aufgebaut hat. Das ist nur mit Antikörpertests möglich, die aber im Moment noch zu unspezifisch sind. Mehrere Firmen liefern sich gerade einen Wettlauf darum, bessere Tests auf den Markt zu bringen. So stellte die niederländische Firma Sensitest vor wenigen Tagen einen Antikörpertest vor, der in 15 Minuten Auskunft über eine überstandene Covid-19-Infektion gibt.

Experten gehen davon aus, dass solche verlässlichen Antikörpertests wohl noch im April verfügbar sein werden. Und damit könnten dann auch Massentests sinnvoll werden, um zu wissen, wer wieder in den Arbeitsalltag zurückkehren kann. Denn wer nach einer Covid-19-Infektion immun ist, kann nach heutigem Wissensstand auch niemanden mehr anstecken. (Jürgen Doppler und Klaus Taschwer, 26.3.2020)