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Griechenlands Wirtschaft könnte es erneut schwer treffen.

Foto: REUTERS/Murad Sezer

Griechenland rechnet mit einem Wirtschaftseinbruch von bis zu drei Prozent. Dies verkündete am Donnerstag Finanzminister Christos Staikouras. Dabei waren die Zahlen bis Februar für den südosteuropäischen Staat recht gut gewesen. Für heuer hatte man mit einem Wirtschaftswachstum von 2,8 Prozent gerechnet. Doch nun fällt der wichtigste Wirtschaftssektor, der Tourismus weg. Die Museen sind geschlossen, es gibt Ausgangssperren, Hotels sind zu und Einreisen beschränkt. Die Fluglinie Aegean hat alle Flüge bis 30. April abgesagt. Auf die griechischen Inseln dürfen nur mehr jene Leute reisen, die dort auch gemeldet sind, um den Covid19-Virus, mit dem vor allem Bürger in Athen infiziert sind, nicht auch noch auf die Inseln zu schleppen.

Die Regierung plant Geldspritzen für Unternehmen, auch Steuerzahlungen sollen gestundet werden. Neben der Verschiebung der Zahlungspflicht, werden Steuern – mit Ausnahme der Mehrwertsteuer – um 25 Prozent gekürzt, wenn Unternehmen sich dafür entscheiden, die Zahlungen nicht zu verschieben. Zusätzlich will das Entwicklungsministerium die Liquidität von Unternehmen sicher stellen, in dem zusätzliche Kredite über drei Milliarden Euro zur Verfügung gestellt werden. "Die Deckung der unvorhergesehenen zusätzlichen Haushaltskosten wird die Regierung dazu zwingen, tief in die angesammelten Reserve des Landes von 35 Milliarden Euro zu greifen", sagt der Wirtschaftswissenschaftler George Bitros von der Athener Universität für Wirtschaft und Business zum Standard.

Insolvenz verhindern

Bitros schätzt, dass die griechische Wirtschaft in eine erhebliche Rezession geraten wird, wodurch auch die budgetierten Steuereinnahmen für 2020 und darüber hinaus, geringer ausfallen werden. Er denkt zudem, dass der für Griechenland aufgrund der Finanzkrise aufgebrummte verpflichtende Haushaltsüberschuss von 3,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) nicht eingehalten werden kann, sondern ein Minus zu erwarten ist.

Offiziell beschlossen wurde die Aufhebung des verpflichtenden Haushaltsüberschuss noch nicht, denn "die formelle Reduzierung des obligatorischen Haushaltsüberschusses würde viel zeitaufwändige Verfahrensinitiativen seitens der EU-Kommission und der anderen Behörden erfordern", erklärt Bitros. Doch die Forderung, Überschüsse zu erwirtschaften, werde aus praktischen Gründen gestrichen, "da jeder versteht, dass ihre Durchsetzung bei einer schrumpfenden Wirtschaft gleichbedeutend wäre, wie man das Land in eine offene Insolvenz zwingen würde".

Erholung nach zwei bis drei Jahren

Auch die Rückzahlung der Schulden wird durch die Covid19-Krise verlangsamt. Bitros moniert aber, dass man vor der Covid19-Krise davon ausging, dass Griechenland bei Zinssätzen in der Nähe von ein Prozent, Wachstumsraten von über vier Prozent erreichen kann. Er schätzt, dass die Zinssätze zumindest für das laufende Jahrzehnt weiterhin nahe an der Nullgrenze bleiben werden.

"Das ist günstig. Andererseits ist kaum mit Wachstumsraten von über zwei bis drei Prozent zu rechnen, wenn sich die Wirtschaft nach zwei bis drei Jahren erholt", meint Bitros zum Standard. Dadurch sei die derzeitige Verschuldung Griechenlands nachhaltig nicht tragbar. "In der Zukunft wird unter den gegebenen Umständen eine tiefgreifende Umstrukturierung erforderlich sein", denkt er.

Kampf auf zwei Fronten

Die konservative Regierung unter Kyriakos Mitsotakis trat im Vorjahr damit an, die Steuern massiv zu senken – dies ist auch in manchen Bereichen geschehen. Seit zwei Wochen ist davon aber nichts mehr zu hören. "Meiner Ansicht nach werden sie die Steuersenkung verschieben", meint Bitros deshalb zum Standard.

Der Ökonom verweist darauf, dass Griechenland gerade auf zwei Fronten mit so etwas wie "höherer Gewalt" kämpfen muss: Einerseits ist das Land durch die Covid19-Krise im Lockdown, andererseits war Griechenland seit Anfang März bereits schwer belastet, weil die türkischen Behörden versuchten, massenhaft Migranten und Flüchtlinge über die Grenze zu schicken. Die Situation hat sich mittlerweile beruhigt – die meisten Flüchtlinge sind wieder zurück nach Istanbul gereist. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan ist mit seinen Erpressungsversuchen gescheitert. Doch der Konflikt mit der Türkei bleibt aufrecht. Bitros rechnet mit mehr Ausgaben für die Armee, wodurch neue Schuldenverpflichtungen entstehen. Auch die ausländischen Gläubiger Griechenlands wären nun sehr gefordert. (Adelheid Wölfl, 27.3.2020)