Immerhin ein "Gipfelkreuz": Der Heuberg im Nordosten der Stadt Salzburg "ersetzt" die fetten Dreitausender.

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Es ist ein Jammer! Feinstes Wetter gepaart mit besten Bedingungen für Frühjahrstouren – und was ist? Wir sind mit Ausgangsbeschränkungen belegt, Skibergsteigen ist untersagt, einfache Skitouren ebenso. Was in den ersten Tagen der Tourenprohibition auffällt? Obschon mit vielen Egos, Individualisten und Sturschädeln durchsetzt, die Alpinistenszene hält sich beinahe vollständig an die Verbote.

Das hat zwar auch etwas mit den behördlichen Anordnungen zu tun, mehr aber noch mit dem vielen Berglern eigenen Verständnis von Autorität. Alpinisten und Alpinistinnen sind es zwar gewohnt, unmittelbar und eigenverantwortlich zu entscheiden, aber wir akzeptieren Empfehlungen der "eigenen Leute". Unsere Autoritäten sind die Wetterdienste, die Lawinenwarndienste, ausgewiesene Gebietskenner oder wie im konkreten Fall die Bergrettung.

Eine Frage der Zeit

Die Botschaft des Österreichischen Bergrettungsdienstes in Sachen Corona war eindeutig: Lasst es sein, wir brauchen im Fall des Falles die medizinischen Kapazitäten derzeit woanders, und wir haben zudem wenig Lust, potenzielle Virenschleudern vom Berg zu holen. Da angesichts von 12.800 aktiven Bergrettungsfrauen und -männern in Österreich so gut wie jeder ambitionierte Bergler hierzulande mindestens einen Bergrettler in seinem näheren Umfeld kennt – oder gar selbst bei der Bergrettung dabei ist –, ist coronamäßig ein Peergroup-Effekt entstanden.

Wie lange die in den ersten Tagen gezeigte Disziplin der alpinen Community anhält, ist eine andere Frage. Dass mit zunehmender Dauer der alpinen Ausgangssperre eine immer größere Zahl frühmorgens still und heimlich auf den jeweiligen Hausberg entfleucht, ist zumindest in den Gebirgsregionen höchst wahrscheinlich.

3000 Höhenmeter pro Woche

Vorerst aber stecken wir zurück. Und so verzichtet auch der Autor dieses Eintrages in das STANDARD-Corona-Tagebuch auf genussvolle Firnflanken oder spektakuläre Steilrinnen. Stattdessen gibt es täglich einen Morgenspaziergang direkt von der Haustür im Salzburger Stadtteil Gnigl weg über 450 Höhenmeter gefahrlose Spazierwege auf den 899 Meter hohen Heuberg. Umständehalber eine Solo-Begehung.

Konsequent umgesetzt wären das etwas mehr als 3000 Höhenmeter in der Woche. Der Hofhund vom Bauern auf halber Höhe hat an der Aktion jedenfalls schon Gefallen gefunden. Sein neu gewonnener Freund hat ja auch immer ein kleines Leckerli im Hosensack dabei. (Thomas Neuhold, 28.3.2020)