"White men can’t jump." Diesen Satz hat Jakob Pöltl schon öfter gehört. Ob in seiner Zeit am College in Utah oder in der National Basketball Association (NBA). "Es ist ein Vorurteil, das sich hartnäckig hält, dass weiße Basketballer nicht so athletisch sind wie schwarze, nicht so hoch springen, nicht so gut verteidigen können", sagt der 23-jährige Wiener zum STANDARD . Zitiert wird der Film White Men Can’t Jump nicht nur in Basketballkreisen bis heute.

Billy Hoyle (links Woody Harrelson) belehrt Sidney Deane (Wesley Snipes) auf Asphalt eines Besseren.
Foto: imago/Cinema Publishers Collection

Eine der besten Szenen ereignet sich gleich zu Beginn des Streifens. Billy Hoyle, gespielt von Woody Harrelson, gibt den vermeintlichen Unfähigen, der von einer Gruppe von schwarzen Spielern, darunter Wesley Snipes (als Sidney Deane), beim Streetball in Los Angeles abgezockt werden soll. Doch Hoyle, in formlosen Shorts, über denen ein übergroßes Hemd schlabbert, die Haare von einer Batikkappe aus dem Gesicht gezogen, spielt zur Überraschung seiner Gegner nicht, wie er aussieht, und gewinnt mit seiner Hinterwäldlermasche das Spiel gegen die Schwarzen.

Der Film-Trailer allein ist schon genial.
20th Century Studios

"Ein sehr cooler und witziger Film", findet Pöltl, der durch White Men Can’t Jump in eine ganz andere Welt eingetaucht ist, als er sie bisher im Basketball kannte. Gespielt wird auf dem rauen Asphalt in L.A., in Gegenden fern allen Glamours, die den Schwarzen gehören und zu denen Weiße normalerweise keinen Zutritt haben. Gab es Situationen, in denen sich Pöltl als Spieler unterschätzt fühlte? "Zu Beginn meiner Collegezeit auf jeden Fall. Da hat mich niemand gekannt, wurde mir nicht viel zugetraut. Das hat mich gleich noch mehr motiviert, es allen zu zeigen."

Sozialkritische Agenda

Der Film hat eine klare sozialkritische Agenda, er kam im März 1992 in den USA in die Kinos, einen Monat vor Beginn der Rassenunruhen in Los Angeles, bei denen mehr als 50 Menschen im Protest gegen Polizeigewalt gegen Schwarze starben. Im Film werden rassistische Vorurteile in beide Richtungen mit Ironie und Komik ad absurdum geführt und auf skurrile Art und Weise die Vorherrschaft der Afroamerikaner im Basketball persifliert. Snipes nennt Harrelson ein Weißbrot oder Mehlgesicht und streitet mit ihm, ob Weiße eigentlich Jimi Hendrix hören dürfen.

"In der NBA wird das Thema Rassismus sehr professionell gehandhabt, aber im Lebensalltag bekomme ich immer noch Situationen mit, wo Menschen aufgrund ihrer Hautfarbe diskriminiert werden", sagt Pöltl. Ein nach wie vor schwieriges Thema, das derzeit in den USA aber wegen der Corona-Krise in den Hintergrund gerät. Der NBA-Spielbetrieb ruht, Pöltl hat im Moment keinen Zutritt zu den Hallen seines Arbeitgebers, den San Antonio Spurs, ist fast ausschließlich in seiner Wohnung. In San Antonio seien wenige Leute auf den Straßen. Nur zum Essenabholen geht er vor die Tür. "Dafür koche ich jetzt mehr, das schadet wohl nicht." Pöltls rechtes Knie ist nach einer Seitenbandverletzung wieder okay. Trainiert wird täglich, mit Hanteln, auf dem Hometrainer. "Weil es keine Flüge nach Europa gibt, könnte ich nicht einmal heimreisen."

Jakob Pöltl kann gegenwärtig Filmunterhaltung gut gebrauchen.
Foto: APA/Ernst Weiss

Ein wenig Spaß kann abseits der sich zuspitzenden Lage in den USA nicht schaden. Ein großer Faktor für den Erfolg von White Men Can’t Jump sind die Sprüche auf dem Platz. Dieser im Fachjargon genannte Trashtalk kommt im Originalton auf Englisch natürlich am besten rüber. "Bricks", also Ziegelsteine, sind im Basketball ein Synonym für Würfe, die fürchterlich danebengehen. Und so beleidigt Woody Harrelson einen Gegenspieler, der keinen Wurf trifft, und dessen Mutter: "Why don’t we take all these bricks and build a shelter for the homeless, so maybe your mother will have a place to stay. I want her out of my house. Right now."

Trash talk ist im Basketball allgegenwärtig, auch Pöltl teilt manchmal verbal aus. Im Match weniger, weil da kaum Zeit dafür ist. "Aber im Training mach ich mich schon mal bemerkbar, wenn ich einen Gegenspieler blockiere oder wenn mir etwas auf die Nerven geht. Das ist aber nicht gehässig gemeint, sondern meist humoristisch und ironisch, um das Gegenüber zu provozieren. Und um sich selbst zu motivieren."

Der Film thematisiert auch den größten Götzen, das Geld. Harrelson und Snipes, anfangs Gegner, spielen in einem Team, trotzdem zockt der eine den anderen ab. Man könnte sagen, die Kohle ist das Spiel, um das es hier geht, nicht Basketball. Pöltl sieht Parallelen zum Sport in den USA und insbesondere der NBA.

"Wir sind Sklaven des Geldes, und dessen bin ich mir bewusst. Die NBA ist ein Business. Bei uns heißt das halt, dass du jederzeit damit rechnen musst, zu einem anderen Verein getradet zu werden." Die Unterbrechung oder mögliche Absage der Saison hat auch Auswirkungen auf Pöltls Zukunft in der Liga. Mit seiner eigenen Leistung ist Pöltl in dieser Saison nicht zufrieden. In im Schnitt knapp 17 Minuten Spielzeit kam der Center auf 5,3 Punkte und 5,3 Rebounds. "Bei mir gab es Höhen und Tiefen, in letzter Zeit ist es nicht so gut gelaufen, auch wenn ich wieder etwas auf dem Weg nach oben war." Das Playoff ist für die Spurs außer Reichweite. Pöltl ist im Sommer vertragslos, könnte andernorts unterschreiben. Wann die Transferzeit beginnt, ist noch unklar. "Fehlende Loyalität muss man ignorieren." (Florian Vetter, 11.4.2020)