Uhren oder andere Wertgegenstände gegen Bares: Pfanddarlehen bieten schnelle Hilfe in wirtschaftlichen Krisen. Das Dorotheum schuf jetzt ein Onlinemodell.

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Es gibt einen Geschäftszweig, der in Italien aufgrund der Corona-Epidemie derzeit überdurchschnittlich brummt: die Pfandleihe. Das Versetzen von Uhren, Schmuck oder auch Smartphones lindert die wirtschaftliche Not der Italiener geringfügig, aber immerhin.

Zur Klientel gehören alle Gesellschaftsschichten, auch Kleinunternehmer sind dabei. Anders als bei Banken sind die bürokratischen Hürden für solche "Mikrokredite" überschaubar: Ein Schätzmeister bewertet und entscheidet über die Höhe des Darlehens. Das dauert oft nur wenige Minuten. Einen Pfandschein später wird der Geldbetrag bar ausbezahlt oder überwiesen. Zinsen und Spesen werden erst beim Auslösen der Objekte fällig.

Luft für zwei bis fünf Monate

Die Laufzeiten solcher Pfandkredite variieren: zwischen drei und sechs Monaten in Italien, zwischen zwei (Technik und Kfz) und fünf (Uhren, Schmuck) in Österreich. Während die Zinsen in Italien mit 14 Prozent des Pfanddarlehens gedeckelt sind, werden sie etwa vom Dorotheum mit 0,50 Prozent halbmonatlich berechnet, ebenso wie die Manipulationsgebühr mit 0,75 Prozent. Wird das Pfand bis zum Ablauf der Laufzeit weder ausgelöst noch verlängert, werden die Wertgegenstände vom Pfandleiher verkauft oder versteigert. Das Geld bekommt der Pfandnehmer abzüglich Zinsen und Gebühren ausbezahlt.

In Italien kehren 95 Prozent aller in Verwahrung gegebenen Gegenstände in die Hände des Eigentümers zurück, in Österreich 90 Prozent. Die Angaben stammen vom Dorotheum, das im März 1707 als Versatz- und Fragamt gegründet wurde und das Pfandgeschäft seit 313 Jahren betreibt. 2018 erfolgte der Einstieg in Italien, womit man mit dieser Finanzdienstleistung zum Marktführer in Europa avancierte.

Expansion in Italien

Der Übernahme von 35 Filialen der "Monte di Pietà" von der Unicredit folgten zehn weitere der "Inpegno" der sizilianischen Bank Credito Siciliano. Das auf 43 Filialen reduzierte Netzwerk firmiert nun unter der Marke Affide.

Ein Investment, das sich für das Dorotheum lohnt, wenngleich es dazu keine Angaben gibt. Auf Anfrage war nicht einmal der Umfang der jährlichen Belehnungen in Erfahrung zu bringen. Als man 2017 mit der Unicredit verhandelte, berief sich diese auf 33.000 Mikrokredite monatlich. Die Anzahl der Kunden beläuft sich laut Affide-Website auf mehr als 330.000. In Österreich ist von 85.000 Stammkunden die Rede.

Online-Pfandl

Obwohl es sich um eine Finanzdienstleistung handelt, musste das Dorotheum seine Filialen aufgrund der Corona-Verordnung Mitte März schließen. Eine räumliche Abtrennung vom Kunsthandel war nicht möglich. Aus der Not hat man jetzt ein Online-Service kreiert, das seit einigen Tagen im Testbetrieb läuft.

Schmuck, Gold, Münzen oder Uhren werden mit der Post verschickt und das Darlehen auf das Konto überwiesen. Hilfreich für jene, die hierzulande jetzt knapp bei Kasse sind. Man sei sich "der sozialen Verantwortung im Rahmen der Grundversorgung bewusst", heißt es auf der Website. Zeitgleich kann das Dorotheum Teile seiner Umsatzeinbußen in Österreich abfedern: 2018 schlugen sich die Erlöse dieses Geschäftszweiges in der Bilanz mit gut 18 Millionen Euro zu Buche. (Olga Kronsteiner, 30.3.2020)