Die Kriterien des Härtefonds schließen viele von der Corona-Krise betroffene Kleinunternehmer von einer Leistung aus. Nun soll der Rettungsschirm geändert werden.

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Der Ansturm war und ist groß. Am Sonntag hatten an die 50.000 Selbstständige, Klein- und Kleinstunternehmer ihre Anträge um Unterstützung aus dem Härtefonds gestellt. Schon in der ersten Stunde, also bis Freitag, 18 Uhr, waren rund 5000 Ansuchen bei der Wirtschaftskammer eingelangt, die für die Abwicklung zuständig ist. Eine Milliarde Euro stellt die Regierung von der Coronakrise Getroffenen als Soforthilfe zur Verfügung, ab Anfang dieser Woche sollen die ersten Auszahlungen auf den Konten landen, zunächst 1000 Euro, über drei Monate bis zu 6000 Euro.

Allerdings ist der monetäre Schirm wie berichtet löchrig, viele Betroffene haben wegen der Kriterien keine Chance auf den nicht rückzahlbaren staatlichen Zuschuss. Das hat zu lauter Kritik geführt, nicht nur jener von Neos und SPÖ.

Not-Härtefonds geplant

Auch Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) trat am Wochenende auf den Plan, er will den Kreis der Bezugsberechtigten erweitern. Beispielsweise sollten auch Mehrfachversicherte oder Leute, die erst heuer mit ihrem Einpersonen- oder Kleinunternehmen gestartet haben, zum Zug kommen, sagte der Vizekanzler. Da gehe es um "zigtausende Unternehmer, ausreichend viele, dass wir uns um diese Menschen bemühen". Verhandlungen seien im Gang. Dem Vernehmen nach ist eine Art Not-Härtefonds geplant, für jene, die gemäß geltenden Bedingungen leer ausgehen.

Gerald P. ist so ein Krisenbetroffener, dem der staatliche Rettungsschirm keinen Schutz bietet. Der Trainer und Berater für Führungskräfte betreibt sein Einpersonenunternehmen (EPU) seit 15 Jahren, unterrichtet nebenbei, wie viele aus seiner Branche, an einer Fachhochschule. Die melden ihre Vortragenden semesterweise an –und P. ist somit mehrfachversichert.

Zusperren als letzter Ausweg

"Ich wollte mir ein zweites Standbein zur Absicherung meines Einkommens aufbauen. Ich zahle in die Sozialversicherungsanstalt der Selbstständigen und die Österreichische Gesundheitskasse ein, führe Einkommens- und Lohnsteuer ab. Und jetzt bekomme ich kein Geld aus dem Härtefonds." Und das, obwohl ihm im zweiten Quartal 80 bis 90 Prozent seines Umsatzes weggebrochen seien und er frühestens ab Herbst mit neuen Aufträgen rechnen könne.

Das Resümee von Herrn P.: "Bekomme ich bis Anfang Juli keine vernünftige Stützung oder Übergangsfinanzierung, werde ich nach 15 Jahren und mehr als 300.000 Euro an pünktlichst erbrachten Steuer- und Versicherungszahlungen überlegen müssen, mein Unternehmen zuzudrehen." Und was hat ihm eigentlich die Wirtschaftskammer auf sein Ansuchen an den Härtefonds geantwortet? "Es tut uns sehr leid, dass wir Ihnen keine bessere Nachricht übermitteln können und (wir; Anm.) wünschen Ihnen für diese herausfordernden Tage trotzdem alles Gute."

Pension wird zur Falle

Selbiges wünscht sich auch EP-Unternehmerin Barbara W., die als Craniosakral-Therapeutin praktiziert (was derzeit nicht geht) und seit 2018 eine "kleine" Pension bezieht. Deswegen ist auch sie nicht Härtefonds-anspruchsberechtigt.

"Ohne Zuverdienst käme ich nicht durch", erzählt sie, ohne staatliche Unterstützung werde sie ihre Praxis zusperren müssen. Schließlich müsse sie Miete für den Raum zahlen, zudem zahle sie an einem Kredit. Ihre Aussicht? "Existenzbedrohend". Sie fühle sich "zurückgelassen".

Höheres Arbeitslosengeld gefordert

Nicht zurückgelassen werden sollen auch die Arbeitslosen, deren Zahl seit 15. März um 170.000 auf mehr als 500.000 gestiegen ist. ÖGB-Chef Wolfgang Katzian fordert eine Anhebung des Arbeitslosengelds, genauso SPÖ und FPÖ. Die Nettoersatzrate von 55 Prozent des letzten Einkommens sei zu niedrig, so der Gewerkschaftschef in der ORF-Pressestunde. Notfalls müsse man das 38 Milliarden Euro schwere Hilfspaket der Regierung eben erhöhen. (Renate Graber, 29.3.2020)