Aufgrund der Corona-Pandemie müssen nun viele Organisationen und Unternehmen für Meetings auf Videokonferenzsysteme zurückgreifen – wie hier der italienische Premierminister Giuseppe Conte. Auch privat und im Unterricht kommen Zoom, Microsoft Teams und Co häufig zum Einsatz.

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Die Zeit der pandemiebedingten Selbstisolation und des Homeoffice sorgt für eine massive Nachfrage nach Videochatsoftware. Das Ausweichen auf Webcam und Mikrofon anstelle von direktem Kontakt erweist sich aber auch als gefundenes Fressen für böswillige Mitmenschen.

Es mehren sich Berichte über unerwünschte "Zoombombings", bei denen Unbekannte in laufende Chats "einbrechen" und Chaos stiften.

Nackter Mann kapert Volksschul-Videochat

Heraus sticht etwa ein Fall in Norwegen. Dort wurden schon vor einiger Zeit die Schulen geschlossen und weichen daher auf E-Learning und Videokonferenzen aus. So auch eine Volksschule in der Hauptstadt Oslo.

Über ein "digitales Klassenzimmer" waren drei Schüler über den Dienst Whereby miteinander verbunden, um an einer Unterrichtseinheit teilzunehmen, schreibt NRK. Plötzlich tauchte eine vierte Person in der Konferenz auf. Dem Bericht zufolge handelte es sich um einen nackten Mann, der im Bett lag und sich vor der Kamera selbst befriedigte, während er zu den Schülern sprach und sie aufforderte, ihre Kameras zu berühren.

Schnell schalteten sich die Eltern ein und die Videokonferenz ab. Die Schule hat als Reaktion in Absprache mit dem Unterrichtsministerium ihre bestehende Lernplattform geschlossen und ihr digitales Bildungsangebot auf Microsofts Plattform Teams verlagert.

Bei Whereby zeigt man sich von dem Vorfall betroffen. Wie der Unbekannte in den Videochat gelangen konnte, ist unklar. Der Anbieter vermutet, dass er wohl schlicht durch Durchprobieren verschiedener möglicher Einladungslinks dort gelandet sei. Man betont, dass sich die Konferenzen zusätzlich absichern lassen. So kann etwa der Lehrer als Leiter des Gesprächs definiert werden und nur Teilnehmer beitreten lassen, die über ein von der Schule verwaltetes Nutzerkonto verfügen.

Öffentliche Chats als Angriffsziel

Mit unerwünschten Gästen kämpfen aber auch Zoom-Chats, berichtet der "Guardian". Im Netz haben sich verschiedene offene Konferenzen entwickelt, in denen Menschen in der Selbstisolation miteinander Zeit verbringen. Ein solcher, genannt "WFH Happy Hour", musst zuletzt temporär stillgelegt werden. Ein Nutzer hatte sich eingeklinkt und die rund 40 anwesenden Teilnehmer mit pornografischen Inhalten bombardiert.

"Heute haben wir gelernt, wie wichtig es ist, Screen Sharing (die Möglichkeit, Inhalte des eigenen Bildschirms zu übertragen, Anm.) zu deaktivieren, und wie bedeutsam die Moderation von Inhalten ist", meint einer der beiden Organisatoren des Videochats. Berichtet wird auch von einer Lesestunde für Kinder, in die sich ein Troll einklinkte und mit rassistischen Beschimpfungen störte. Die Betreiber, beide sind Afroamerikaner, gehen von einem gezielten Angriff aus.

Disput gibt es auch um eine Funktion von Zoom. So lässt sich einstellen, dass die Leiter eines Videochats benachrichtigt werden, wenn Teilnehmer gerade nicht auf das Programmfenster von Zoom schauen, sondern eine andere Software in den Vordergrund geholt haben. Das sorgt für Kritik, lässt sich das Konferenztool doch auf diese Weise zur Mitarbeiterüberwachung nutzen.

Datenschützer bemängelten außerdem die Übermittlung von Informationen an Facebook, selbst wenn ein Nutzer gar kein Facebook-Konto hat. Dieses Problem hat Zoom nach eigenen Angaben mittlerweile behoben.

Empfehlungen

In einem Blogpost gibt Zoom Empfehlungen für den besseren Umgang mit Videochats. So empfiehlt man, Einladungslinks nicht unbedingt via Social Media zu teilen und das Teilen des Bildschirms nur den Leitern der Videokonferenz zu erlauben.

Dazu erläutert man auch weitere Absicherungsmöglichkeiten, die angesichts der relativ lockeren Standardeinstellungen empfehlenswert sind. Sie reichen vom Setzen eines Passwortes über das Sperren des Chats für weitere Teilnehmer bis hin zur Einrichtung einer Liste zugelassener Nutzer. (gpi, 31.3.2020)