Oft greift man sich schon in den Nacken, bevor es weh tut. Dann sollte schnell die Position gewechselt werden.

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Die ersten Tage im Homeoffice waren für viele noch spannend und neu. Arbeiten am Esstisch, auf der Wohnzimmercouch oder im Bett? Das fühlte sich richtig exotisch an. Mittlerweile hat sich in vielen Haushalten aber Ernüchterung eingestellt. Die Stimmung sinkt, die Kollegen fehlen, viele sitzen Tag und Nacht vor dem Computer und sind ständig erreichbar. Und dann tut manchen plötzlich auch noch der Nacken weh. Denn eigentlich gibt es für den Arbeitsplatz im Büro gesetzliche Standards. Genau die werden am Küchentisch und Klappsessel nicht eingehalten.

Grundsätzlich spreche nichts dagegen, einmal von der Wohnzimmercouch oder aus dem Bett zu arbeiten, sagt die Welser Physiotherapeutin Dorothea Haslinger. Wichtig sei aber, die Sitzposition etwa alle 20 Minuten zu verändern.

Um Probleme zu vermeiden, empfiehlt Haslinger das Arbeiten an einem Tisch. Dort sollte man versuchen, beim Arbeiten den Rücken so gerade wie möglich zu halten und sich wenn möglich anzulehnen. Ganz wichtig: "Das Notebook sollte nicht zu nahe stehen, damit der Blick sich nach vorne und nicht nach unten richtet", erklärt Haslinger.

Ist der Blick nach unten gerichtet und der Kopf nach vorne gestreckt, wird der Nacken überstreckt. Mit der Zeit kann das zu Problemen mit der Halswirbelsäule führen. Ein besonders häufiges Leiden ist der sogenannte Smartphone-Nacken. Auch wenn man gar nicht auf das Handy, sondern auf den Laptop schaut.

Tinnitus und Schwindel

Dieser Smartphone-Nacken sei einer der Hauptgründe für Nackenschmerzen, erklärt Haslinger. Er entsteht durch die typisch vorgeneigte Haltung des Kopfes, wenn auf das Smartphone geschaut wird. Die Halswirbelsäule muss bei der unnatürlichen Kopfhaltung ein Vielfaches des Gewichts des Kopfes – mitunter bis zu 27 Kilo – aushalten. Mögliche Begleiterscheinungen des Smartphone-Nackens sind Hinterhauptschmerzen, Kiefergelenksprobleme, Sehstörungen, Tinnitus und Schwindel.

Oft fängt es schleichend an. Weil man konzentriert arbeitet, bemerkt man das Problem erst spät. "Der Griff in den Nacken ist ein Alarmsignal", sagt Haslinger. Dieser geschehe beim Arbeiten oft unbewusst – und häufig, bevor ein Schmerz im Nacken überhaupt wahrnehmbar ist. Dann gilt es, die Sitzposition sofort zu verändern.

Bewegung sei überhaupt das Um und Auf im Homeoffice. Eigentlich sei das zu Hause leicht möglich, weil man sich den Arbeitstag und die damit einhergehenden Pausen frei gestalten kann. "Oft ist man zu Hause aber dazu verleitet, zu lange zu sitzen", sagt Haslinger.

Im Büro steht man öfter auf, etwa weil man einen Kaffee mit den Kollegen trinkt oder ein Meeting hat. Diese Anreize fehlen zu Hause. Haslinger rät daher beispielsweise dazu, sich auf einen virtuellen Kaffee mit den Kollegen zu verabreden – und dafür wirklich aufzustehen und in die Küche zu gehen.

Arbeiten im Stehen

Außerdem kann man sich in der ganzen Wohnung auf die Suche nach neuen Arbeitsplätzen machen. So kann man auch einmal den Küchensessel umdrehen und in der Grätsche darauf Platz nehmen, sich den Laptop auf den Sessel stellen und im Schneidersitz auf dem Boden Platz nehmen – oder im Stehen arbeiten; etwa indem ein Laptop in ein Regal oder auf eine Kommode gestellt wird. Wichtig sei dabei aber, dass die abgewinkelten Arme einen 90-Grad-Winkel im Ellbogengelenk bilden und der Laptop nicht zu niedrig steht, betont Haslinger.

Damit man im Homeoffice keine Nackenschmerzen bekommt, sollte man den Oberkörper regelmäßig nach links und nach rechts drehen, "so bleibt die Wirbelsäule und die Rückenmuskulatur elastisch", erklärt Haslinger.

Und was tun, wenn man bereits Nackenschmerzen hat? "Erst einmal alles weiter weg rücken", sagt Haslinger – auch die Zeitung beim Frühstück und das Kreuzworträtsel. So verändert sich die Blickrichtung und damit der Winkel, in dem die Halswirbelsäule geneigt ist.

Schulterkreisen gegen Schmerzen

Außerdem rät die Physiotherapeutin bei Schmerzen dazu, sich immer wieder aufrecht hinsetzen, das Gewicht über beide Gesäßhälften gut auf den Sessel verteilen, kein Hohlkreuz zu machen, das Brustbein vorzustrecken und den Nacken nach oben lang zu ziehen, "so als würde man mit einem Faden am Scheitel nach oben gezogen", sagt Haslinger.

Aus dieser Position kann man den Kopf nach links und rechts drehen oder die Hände an den Hinterkopf legen und den Kopf ganz sanft nach oben ziehen. Hilfreich bei Nackenproblemen kann auch das Kreisen der Schultern sein.

In Akutfällen können viele Physiotherapeuten und -therapeutinnen aktuell auch telefonisch helfen. "Das ist für einige von uns auch gerade Neuland", sagt Haslinger. Denn auch Physiotherapeuten sitzen derzeit im Homeoffice. (Franziska Zoidl, 6.4.2020)