Gesichtsmasken in Südkorea, Raketen im Norden: Kim Jong-un versucht Stärke zu projizieren.

Foto: AFP / Jung Yeon-ye

Nette Briefe sind nicht genug – auch in Corona-Zeiten. Nordkorea hat am Montag in einer Aussendung der staatlichen Agentur KCNA klargemacht, dass "eine gute persönliche Beziehung der beiden Führer" keine ausreichende Grundlage für ein friedlicheres Verhältnis zu den USA ist. Einige Tage zuvor hatte sich US-Präsident Donald Trump in einem Brief an Machthaber Kim Jong-un gewandt. Er hatte "Zusammenarbeit bei den Anti-Epidemie-Bemühungen" angeboten. Er wolle vor diesem Hintergrund die Gesprächsbasis der beiden Staaten verbessern, so Trump.

Dass das Angebot nur auf begrenzten Widerhall stoßen würde, war schon vor der Aussendung an den Taten des nordkoreanischen Regimes zu ermessen. Bereits zum zweiten Mal binnen einer Woche hat Kim am Wochenende Raketen testen lassen. Letzte Woche soll es sich um die Erprobung eines Feststoffantriebs an Mittelstreckenraketen gehandelt haben. Diesmal handelte es sich nach Angaben Nordkoreas um einen "supergroßen Raketenwerfer", von dem aus Geschoße 230 Kilometer weit ins Ostmeer gefeuert wurden.

30 Tage Lockdown für die Armee

Auch in Seuchenzeiten will Nordkorea damit deutlich machen: Die Armee, die das Rückgrat des kommunistischen Führerstaates bildet, ist einsatzfähig. Denn genau das war zuletzt nicht immer ganz sicher. Zwar gibt es offiziell keinen einzigen bestätigten Covid-19-Fall in Nordkorea, doch gibt es einigen Zweifel an dieser Darstellung. Das liegt einerseits an der geografischen Lage des Landes zwischen zwei Corona-Hotspots – Südkorea und China. Zwar ist die Grenze zum südlichen Nachbarn gut bewacht, weiträumig vermint und nach allem Dafürhalten dicht. Für jene nach China gilt das aber nicht. Zwischen Nordkorea und dem formell kommunistischen Nachbarn herrschen rege Handelsbeziehungen. Und weil diese sich zum Großteil auf informeller Schmugglerbasis abspielen, sind sie auch schwer zu überwachen.

Andererseits liegt es auch an Beobachtungen des US-Militärs: Fast den ganzen Februar über habe sich das nordkoreanische Militär de facto unter Lockdown befunden, sagte laut Agenturberichten Mitte März der Chef der US-Truppen in Südkorea, General Robert Abrams. Ganze 24 Tage lang sei kein einziges nordkoreanisches Militärflugzeug gestartet.

Quarantäne für Ausländer

Sowohl die USA als auch Südkorea betrachten dies als Indiz dafür, dass es zu Covid-19-Fällen im nordkoreanischen Militär gekommen sein könnte. Südkoreanische Medien berichteten unter Berufung auf Quellen im Nachbarland, es habe mehrere Hundert Erkrankungen gegeben. Unabhängig bestätigen lässt sich das nicht.

Nordkorea selbst freilich streitet das ab. Man habe frühzeitig strenge Quarantänemaßnahmen erlassen, wozu auch die Isolierung von 380 Ausländern für einen Zeitraum von mehr als einem Monat zählt – darunter viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter diplomatischer Einrichtungen. Zahlreiche weitere hatten das Land kurz zuvor verlassen.

Extraportion Sojapüree-Suppe

Die von Südkorea aus betriebene Online-Plattform Daily NK, die mit Quellen in Nordkorea in Verbindung steht, berichtet allerdings darüber, dass im Land Vorkehrungen getroffen worden seien. Soldaten erhalten demnach im Moment 800 Gramm Nahrung pro Tag, zusätzlich drei Suppen aus pürierten Sojabohnen – statt nur einer, wie das sonst üblich sei. Auch diese Meldung lässt sich nicht unabhängig bestätigen. Sorgen der nordkoreanischen Führung hinsichtlich einer besonderen Gefährdung wären angesichts der wegen der schlechten Nahrungsversorgung unterernährten Bevölkerung aber verständlich.

Offensichtlich ist, dass auch Nordkorea – bei allem "guten Einvernehmen" mit US-Präsident Trump – in der aktuellen Lage hart von den fortbestehenden Sanktionen der Vereinigten Staaten, aber auch der Vereinten Nationen betroffen ist, die dem Land viele der anderswo möglichen Schritte gegen das Virus verunmöglichen – weshalb unter anderem die Weltgesundheitsorganisation WHO Mitte März mit besonderer Eile einiges medizinisches Material nach Nordkorea bringen ließ – darunter Covid-19-Tests.

Pjöngjang hat am Montag aber auch einen Brief der anderen von Sanktionen betroffenen Staaten – Russland, China, Syrien, Iran, Venezuela, Nicaragua und Kuba – mitunterzeichnet, in dem anlässlich der Corona-Krise das Ende der Strafmaßnahmen gefordert wird. US-Außenminister Mike Pompeo lehnte das allerdings umgehend ab. Nordkorea sprach darauf von einem "Countdown zum Konflikt". (Manuel Escher, 30.3.2020)