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Der Westafrikanische Löwe ist beinahe schon verschwunden, es gibt nur noch wenige hundert Exemplare.
Foto: REUTERS/Philipp Henschel

Beobachtungen haben gezeigt, dass Afrikanische Elefanten sehr genau wissen, wo die Grenzen zwischen Schutzgebieten und Regionen, in denen ihnen vom Menschen Gefahr droht, verlaufen. Ihre Aktivitätsmuster unterscheiden sich dann: Gefährliche Gebiete suchen sie bevorzugt nachts auf (etwa weil Menschen dort köstliches Gemüse angebaut haben), zudem bewegen sie sich dort im Schnitt schneller als in sicheren Gebieten. Sie wurden schon dabei beobachtet, wie sie sich sputeten, um aus einer Gefahrenzone herauszukommen – und dann unmittelbar hinter der Grenze des Schutzgebiets ins Bummeln verfielen.

Bis zu den Löwen hat sich diese Taktik offenbar noch nicht herumgesprochen. Das legt eine Studie der University of Michigan nahe, die im "Journal of Applied Ecology" erschienen ist und die Jagdgewohnheiten gefährdeter Löwen in Westafrika untersucht hat. Die Großkatzen machen offenbar keinen Unterschied zwischen Schutzgebieten und Regionen, in denen Menschen auf die Jagd gehen.

Die letzten Löwen Westafrikas

Der Westafrikanische Löwe (Panthera leo senegalensis) ist nicht die prachtvollste Unterart des Löwen. Die Tiere sind schmächtiger gebaut als der Durchschnitt ihrer Verwandten, die Männchen haben zumeist nur Ansätze einer Mähne. Ihr Aussehen scheint das Schattendasein widerzuspiegeln, das sie heute führen: Bei der letzten umfassenden Bestandserhebung im Jahr 2014 kamen Forscher im Fachjournal "Plos One" auf nur noch etwa 400 Tiere. Es waren einmal zehntausende gewesen.

An die 90 Prozent davon leben in einer etwa 26.000 Quadratkilometer großen Region, die sich über Teile der Staaten Burkina Faso, Niger und Benin erstreckt. Sie umfasst den sogenannten WAP-Komplex (W-Arly-Pendjari), einen Verbund dreier Nationalparks, aber auch eine Reihe von Gebieten, in denen Jagderlaubnis gilt. Es ist ein durchgängiger Lebensraum, auch wenn er für Tiere je nach Region mit stark wechselndem Risiko verbunden ist.

Netzwerk von Kamerafallen

Um das Verhalten der Großkatzen zu erfassen, stellte das Team um Kirby Mills und Nyeema Harris in drei Nationalparks und elf Gebieten mit Jagderlaubnis Kamerafallen mit Bewegungsmeldern auf, insgesamt 238 Stück. Im Verlauf der Feldstudie, die sich von 2016 bis 2018 erstreckte, wurden so etwa 1,7 Millionen Bilder gemacht. Nur 360 davon zeigten Löwen. Und da die Kameras so eingestellt waren, dass sie bei jedem Bewegungsalarm mehrere Fotos schnell hintereinander machten, dampfte sich das auf ganze 96 Löwensichtungen ein – ein Beleg dafür, wie selten diese Unterart geworden ist.

Normalerweise vermeiden Löwen den Kontakt mit Menschen. Die Forscher überprüften nun, ob sich das in ihren Bewegungs- und Verteilungsmustern widerspiegelte, und entwickelten aus den Sichtungsdaten Modellrechnungen zur Gesamtsituation. Das Ergebnis: Wenn die Löwen auf die Jagd nach Antilopen, Warzenschweinen oder Büffeln gehen, machen sie keinen Unterschied zwischen Schutzgebieten und solchen, wo ihnen der Mensch zumindest als Jagdkonkurrent über den Weg laufen kann. Sie halten sich in den Parks ebenso häufig auf wie in den diese umgebenden Gebieten, in denen Privatunternehmen Jagdlizenzen vergeben. Ihr Jagdinstinkt überwiegt offenbar das Vermeidungsverhalten gegenüber dem Menschen.

Nationalparks müssen attraktiver werden

Das liegt nicht zuletzt an der Attraktivität der gefährlichen Gebiete, wie die Forscher berichten. Die für die (menschliche) Jagd vorgesehenen Gebiete hätten im Schnitt eine bessere Infrastruktur als die an Ressourcenmangel leidenden Nationalparks. Und zu dieser Infrastruktur gehören auch gut ausgebaute Bewässerungssysteme. Der Zugang zu Wasser schafft aber ein reicheres Ökosystem, lockt Pflanzenfresser an – und die ziehen die Löwen nach. Die Lösung des Problems wäre also "einfach": Die Nationalparks müssten mit mehr Mitteln ausgestattet werden, um sie für die Tierwelt lebenswerter zu machen. Ansonsten drohe dieser selten gewordenen Unterart des Löwen endgültig das Aus. (jdo, 13. 4. 2020)