Wien – Eine Rückkehr zum Alltagsleben zeichnet sich momentan nicht ab, ganz im Gegenteil. Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) sprach am Montag von der "Ruhe vor dem Sturm" und verwies dabei auf die Entwicklungen in Italien. Die Regierung hat deswegen die Maßnahmen zur Eindämmung der Coronavirus-Krise ausgeweitet.

Warum noch einmal nachgeschärft wird, kann man aus den eher düsteren Prognosen ableiten, die der Expertenbeirat der Regierung erstellt hat. In dessen Montagfrüh bekanntgewordenem Papier heißt es, wahrscheinlich benötige es "deutlich strengere Maßnahmen, als derzeit in Kraft sind". DER STANDARD hat sich angesehen, was bei den Freistellungen bisher bekannt ist und wie es für Hoteliers weitergeht.

Ausschließlich alle Beherbergungsbetriebe mit touristischer Nutzung in Österreich müssen schließen.
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Freistellung oder Homeoffice

Jene Personen, die beispielsweise durch eine Vorerkrankung besonders gefährdet sind, sollen aus dem Arbeitsprozess herausgenommen werden. Wenn Homeoffice nicht möglich ist, soll es zu einer verpflichtenden Freistellung kommen. Arbeitgebern sollen dabei Lohnkosten abgegolten werden. Eine konkrete Definition der Personengruppe steht aber noch aus.

Die Arbeiterkammer (AK) fordert, dass Hausärzte, die Einblick in die Krankengeschichte haben, eine derartige Abgrenzung vornehmen sollten. Anhand von Richtlinien des Gesundheitsministeriums – die noch erstellt werden müssen – könnten Ärzte entscheiden, wer als besonders gefährdet gilt. Arbeiterkammer-Direktor Christoph Klein plädiert für Entgeltfortzahlung für die Betroffenen.

In ihrer Stellungnahme zur Covid-Krise sieht die Regierung in Punkt sechs der speziellen Maßnahmen eine "bessere Isolierung" der Risikogruppen vor. Laut deutschem Robert-Koch-Institut gehören dazu ältere Personen. Das Risiko, einen schweren Verlauf von Covid-19 zu erleiden, steigt ab dem 50. bis 60. Lebensjahr. Das höchste Mortalitätsrisiko, das zeigt eine Untersuchung des italienischen Istituto Superiori di Sanità, liegt in Italien bei 79,5 Jahren. Insgesamt dürfte aber auch die Allgemeinkonstitution für eine Genesung entscheidend sein.

Wer körperlich fit ist, kommt gegen das Virus an. Ein erhöhtes Risiko haben laut Robert-Koch-Institut neben Rauchern auch Patienten mit Asthma, Herz-Kreislauf-Erkrankungen (starker Bluthochdruck, Herzschwäche) und Diabetiker. Auch ein temporär eingeschränktes Immunsystem, etwa durch die Chemotherapie bei einer Krebserkrankung oder nach Organtransplantationen, wird durch eine virale Infektion zum Zusatzproblem.

Beim österreichischen Handel beispielsweise wartet man nun einmal ab, wie die stufenweise Öffnung der Geschäfte ablaufen wird. Erst dann könne man entscheiden, wie man mit den geforderten Freistellungen umgehen wird, heißt es in der Branche.

Denn erst dann könne man planen, wie viele Mitarbeiter man in den Geschäften braucht. Jene, die als gefährdet gelten, werde man zunächst nicht in die Geschäfte holen, heißt es beim Handelsverband. (and, gra, pok)

Hotels bleiben zu

Was in Tirol, Salzburg und Vorarlberg schon seit gut zwei Wochen gilt, wird ab Mittwoch, 1. April, in ganz Österreich schlagend: Alle Beherbergungsbetriebe mit touristischer Nutzung müssen schließen. Dies sei Teil einer Gesamtstrategie, um die rasche Ausbreitung des Coronavirus einzudämmen, gaben Regierungsvertreter am Montag nach Präsentation der verschärften Maßnahmen bekannt.

Davon betroffen sollten auch private Zimmervermieter oder Personen sein, die ihre Wohnung über Vermittlungsplattformen wie Airbnb für touristische Zwecke an den Mann oder die Frau bringen wollen. Sollte deshalb, weil bei Redaktionsschluss dieser Ausgabe an Details noch gefeilt wurde. Federführend ist in dieser Angelegenheit das Gesundheitsministerium, die Verordnung oder der Erlass erfolgt in enger Abstimmung mit dem Tourismusministerium.

In Österreich waren – Stand Montagfrüh – noch 726 Betriebe auf der Website openhotels.at als geöffnet registriert. Von den 726 geöffneten Betrieben entfielen 222 auf die Kategorie Apartmenthaus/Ferienwohnung/Feriendorf, 190 waren Hotels, 98 Gasthöfe, der Rest verteilte sich auf Frühstückspensionen, Hotels garnis und Jugendherbergen.

Von den 365 Hotels in der Bundeshauptstadt waren vorige Woche noch 130 offen, darunter viele internationale Ketten wie Hilton, Kempinski, aber auch Platzhirsche wie das Sacher, das Bristol oder das Imperial. 235 Betriebe haben laut Rundruf von Wien Tourismus bereits vor der verordneten Schließung dichtgemacht. Das entspricht einer verminderten Zimmerkapazität von rund 56 Prozent. Und die wird nun fast auf null heruntergefahren.

Fast auf null deshalb, weil trotz der auf unbestimmte Zeit angeordneten Schließung einige Hotels wohl weiter offen halten werden. Das sind Häuser, die beispielsweise sogenanntes Schlüsselpersonal beherbergen – Personen, die zur Aufrechterhaltung der kritischen Infrastruktur, etwa aus Bereichen wie Gesundheit, Pflege oder Energieversorgung, benötigt werden.

Die Österreichische Hoteliervereinigung (ÖHV) begrüßt die nun getroffene Regelung. "Diese Klarstellung hilft den Betrieben in der Kommunikation mit Gästen, die die Situation falsch einschätzen", teilte ÖHV-Generalsekretär Markus Gratzer in einer Aussendung mit. Damit würde der faktische Lockdown im österreichischen Tourismus nun auch rechtlich verordnet. (stro)