Wenn die Weltlage infolge der Pandemie nicht so dramatisch wäre, könnte man die Ereignisse der letzten Tage mit einem klassischen Stück des absurden Theaters aus der Feder Becketts oder Ionescos vergleichen. Die Stars wären Premierminister Boris Johnson und US-Präsident Donald Trump.

Der britische Regierungschef, der wochenlang und noch am 3. März die Corona-Krise frivol verniedlichte ("wir alle sollen völlig normal unser Leben führen") und mit einem Lächeln den Zuschauern erzählte, wie viele Hände er an diesem Tag geschüttelt hätte, bereitete am Freitag bereits als vom Virus infizierter, isolierter Patient mit einem "offenen und ehrlichen", emotionalen Brief die Bevölkerung auf schwere Zeiten vor.

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Die USA verländern die Schutzmaßnahmen bis Ende April.
Foto: AP Photo/Wong Maye-E

Der US-Präsident wiederum versicherte noch am 10. März den Amerikanern, "bleibt ruhig. Es wird verschwinden". Nach den ersten Maßnahmen verkündete Trump (der immer gewusst habe, dass dies eine Pandemie sei) noch, dass am Ostersonntag die Kirchen voll von Menschen und Mitte April alle wieder "im Business" sein würden. Kein Wunder, dass eine "New York Times"-Kolumnistin Trump am Freitag geisteskrank und dement bezeichnet hat. Sonntagabend dramatischer Kurswechsel: Unter Berufung auf eine (zwei Wochen vorher veröffentlichte) Londoner Studie befürchtet Trump als oberster Kriegsmanager und Retter der Nation 100.000 Tote und verlängert die Schutzmaßnahmen bis Ende April.

Gier und Dummhei

Der französische Staatspräsident Emmanuel Macron hatte noch am 9. März trotz vieler Proteste die Abhaltung der ersten Runde der Kommunalwahlen durchgesetzt. Statt der zweiten Runde rief er aus dem abendlich beleuchteten Élysée zu einer Generalmobilmachung mit einer Ausgangssperre für den Krieg gegen einen "unsichtbaren Feind". Zu spät, aber dann energisch handelte Macron, dem allerdings seine bis Mitte Februar amtierende Gesundheitsministerin in einem "Le Monde"-Interview vorwarf, sie selbst hätte schon im Jänner gewusst, welcher "Tsunami" auf Frankreich zurollen würde.

Schwache Führung ist eine Art vernichtender Pandemie!" Dieses Urteil der "New York Times" über Trump galt auch dem brasilianischen Staatschef Jair Bolsonaro, der sich über den "kleinen Schnupfen" und die "Medienhysterie" lustig machte. In diesen Rahmen fügt sich übrigens auch die international kritisierte, von Gier und Dummheit geprägte Haltung des Landes Tirol inmitten der Corona-Krise, schön dokumentiert durch das unfassbare ORF-Interview mit dem zuständigen Landesrat.

Man muss allerdings wieder betonen, dass Österreich (minus Tirol) vor allem dank der Bundesregierung (aber auch den Medien und der Opposition) endlich einmal als ein bisher überzeugendes europäisches Beispiel für glaubhaftes und vorsichtiges Krisenmanagement gelten darf. Nicht nur Österreich, auch Deutschland gehört dank Angela Merkel zu den Gewinnern. "Man kann in dieser Krise einfach nur froh sein, eine Kanzlerin wie Angela Merkel zu haben." Und das sagte der grüne (also oppositionelle) Abgeordnete, der Jurist Konstantin von Notz!

All das kann sich natürlich ändern, wenn der Kurs der "Gewinner" auch keine greifbaren Ergebnisse zeigt und die Wirtschaft zusammenbricht. (Paul Lendvai, 31.3.2020)