Vor wenigen Jahren galten Deepfakes noch als schwer umsetzbar. Ergebnisse von überschaubarer Qualität standen viel Aufwand und Rechenleistung gegenüber. Doch das hat sich radikal geändert, berichtet der Computerwissenschafter Károly Zsolnai-Fehér auf seinem Youtube-Kanal "Two Minute Papers".

Er präsentiert die Ergebnisse einer neueren Arbeit "First Order Motion Model for Image Animation" von Forschern der italienischen Universität Trento. Sie zeigt, dass die Technologie heute praktisch für jeden zugänglich und deutlich mehr zu leisten imstande ist.

Two Minute Papers

Nur noch ein Bild als Vorlage notwendig

Wer die Gesichter von Politikern, Game of Thrones-Charakteren oder auch schlicht das Antlitz von Statuen und Gemälden animieren möchte, benötigt dazu nur noch zwei Dinge: nämlich ein Foto der Person und ein Video von sich selbst. Den Rest der Arbeit übernimmt die künstliche Intelligenz.

Denn diese wurde mittlerweile so weit entwickelt und trainiert, dass sie aus nur diesen Quellen ein Gesicht analysieren und ableiten kann, wie es beim Sprechen animiert wird. Dabei werden neben den Bewegungen von Mund und Augen auch kleine Details wie Falten beachtet. Selbst Drehungen des Kopfes werden glaubhaft abgebildet. Dementsprechend müsste man kein "ausgebildeter Wissenschafter" mehr sein, um gute Deepfakes zu erstellen.

Auch für Tiere, Comics und Roboter nutzbar

Übrig sind nur noch relativ kleine Schwächen. So kann es etwa zu kurzfristigen Verzerrungen kommen, wenn der Kopf zu schnell gedreht wird. Die Ende der Fahnenstange ist freilich längst nicht erreicht. "Zwei Paper später wird das noch besser und billiger machbar sein", erklärt Zslonai-Fehér.

Aliaksandr Siarohin

Die Kapazitäten sind jetzt schon nicht nur auf das Animieren von Gesichtern beschränkt. Auch Ganzkörperaufnahmen können zum Leben erweckt werden. Das funktioniert nicht nur für Menschen, sondern auch für Tiere, Cartoons und Roboter. Die KI ist auch in der Lage zu verstehen, wann sich Gliedmaßen überlappen. "Gesichtsmerkmale" und andere Dinge müssen nicht mehr vorab definiert werden.

Der Forscher rechnet auch mit Kritik aufgrund seines Videos, zumal diese Technologie bekanntlich auch für bösartige Zwecke genutzt wird. Er sieht es allerdings als seine Pflicht, die Öffentlichkeit darüber zu informieren, dass es sie gibt. Er bemüht sich auch um Aufklärung bei Politikern und anderen Entscheidungsträgern und wird dazu immer wieder auf Konferenzen eingeladen. Seine Teilnahme dort absolviere er unentgeltlich als Dienst an der Öffentlichkeit, so Zsolnai-Fehér. (gpi, 31.3.2020)