ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz verwirrt.

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Seit Montagabend soll der Bachmannpreis also doch wieder abgehalten werden – vollumfänglich und im Internet, verkündete ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz, nachdem drei Tage zuvor die diesjährige Austragung abgesagt und noch am Montagvormittag vom Kärntner ORF-Landesstudio gegenüber dem STANDARD auf die nicht zu stemmenden technischen und personellen Herausforderungen in Zeiten der Coronakrise verwiesen worden war.

Zumindest an einer Austragung mit all "den gewohnten Preiskategorien" darf man aber seit Dienstag etwas zweifeln. Denn die rasche Ankündigung zur Doch-Abhaltung hat nicht nur das Landesstudio etwas überrascht, sondern auch die Sponsoren des Preises kalt erwischt. Die Kelag weiß etwa noch nicht, ob sie auch für den "Bachmannpreis digital" ihr Preisgeld stiften wird, die BKS konnte der APA bis Dienstagnachmittag keine Auskunft zu ihrem Sponsoring geben.

Und wie Karin Bernhard, Direktorin des Kärntner ORF-Landesstudios, im Gespräch mit dem STANDARD andeutet, ist auch Klagenfurt als Mitveranstalter des Bewerbs und Sponsor des Hauptpreises (25.000 Euro) überrumpelt und mäßig erfreut, hätte die Stadt von dem Bewerb doch nicht viel, wenn er nicht in Klagenfurt stattfindet. Wie übrigens die Austragung nur im Internet den Werbewert des Preises auch für die anderen Sponsoren mindert. "Ohne Werbewert und ohne Sponsoren können wir den Bachmannpreis nicht durchführen, ganz ehrlich", so Bernhard.

Der Bewerb beschert der Stadt neben Werbebildern jedes Jahr einen Tross an Autoren, Verlagsmitarbeitern und Journalisten, die in der Stadt nächtigen.

"Man weiß nicht, wie"

Die Idee zur Onlineübertragung dürfte mehr zwischen Tür und Angel von Generaldirektor Wrabetz geboren worden sein. Das stellt nun vor viele Herausforderungen. "Man weiß nicht, wie die Auslosung stattfinden soll. Und das Team in Wien, das den Bewerb wegen seiner technischen Möglichkeiten online durchführen sollte, stellt sich darunter ganz etwas anderes vor. Viele Leute wissen gar nicht, welche Arbeit der Bewerb auch im Vorfeld bedeutet. Momentan läuft alles im Kreis, es sind noch viele Fragen offen. Bei 3sat und ORF 3 wurde man auch überrascht", so Bernhard. Eigentlich sollten in den nächsten Tagen Details geklärt werden, Bernhard glaubt aber, dass sich da "wieder etwas anderes herausbilden" werde. "Wir haben Statuten, und ich kann nicht alle ändern."

Schon als sie 2012 Landesdirektorin geworden sei, habe der Bewerb ins Internet verlegt werden sollen. Das habe sie abgewendet. Später hat sich dann Wrabetz zu seiner Abhaltung bekannt und die Fortführung des Bewerbs versichert.

Jury verfasst erneut Brief

Ob andere Landesstudios oder deutsche Sender den Kärntner ORF heuer unterstützen werden, indem sie, um Webcambilder zu vermeiden, Juroren und Autoren technisch betreuen? So weit ist man in der Planung noch nicht.

ORF-3sat gibt auf Anfrage derzeit keine Stellungnahmen ab. Die gesamte siebenköpfige Jury – fünf Mitglieder hatten bereits vergangene Woche gegen das Aussetzen protestiert – hat inzwischen einen Offenen Brief an ORF-Generaldirektor Wrabetz verfasst, in dem sie fordert, dass die 44. Tage der deutschsprachigen Literatur "für die Zukunft in ihrer klassischen Form garantiert werden" müssen. Denn das "Klagenfurt-Gefühl" sei "nicht ersetzbar". Jurymitglied Klaus Kastberger hatte zuletzt gefordert, der Preis müsse ein "Fernsehevent" bleiben und dürfe kein "Onlineevent" werden, das wird auch in dem Schreiben bekräftigt – "als Zeichen der Wertschätzung und gesellschaftlichen Bedeutung von Kultur und Literatur". Weiters müsse das Landesstudio die Oberhoheit behalten, aber infrastrukturell unterstützt werden und bietet sich die Jury an, an der Entwicklung eines Konzepts mitzuarbeiten.

Auch wenn der ORF sich bereits im Zuge der Absage zu einem Bewerb 2021 bekannt hatte, gibt es offenbar zumindest in der Jury die Sorge, mit einer reinen Onlineübertragung heuer könnte einen Präzedenzfall geschaffen werden. Wiewohl dann vielleicht die Sponsoren weg wären. (wurm, 31.3.2020)