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Im Iran setzen die Behörden seit Beginn der Corona-Krise auf die Desinfektion der Straßen. Covid-19 hat die Islamische Republik besonders schwer getroffen.

Foto: WANA (West Asia News Agency)/Ali Khara via REUTERS

Corona hat es möglich gemacht und dem "Instrument in Support of Trade Exchanges" Leben eingehaucht: Instex, eine unter französischem Recht angelegte Tauschhandels-Zweckgesellschaft, wurde vor mehr als einem Jahr von den Europäern geschaffen, um trotz der US-Sanktionen Geschäfte mit dem Iran machen zu können – und dadurch Teheran beim Atomdeal zu halten. Unter Instex haben nun die E3 (Großbritannien, Frankreich und Deutschland) erstmals medizinische Güter in den von der Corona-Krise verheerend getroffenen Iran exportiert. Die offiziellen iranischen Zahlen lagen am Dienstag bei 44.600 Infizierten und 2900 Toten.

Der 2015 abgeschlossene Atomdeal, der Irans Urananreicherungsprogramm limitiert und kontrolliert, ist seit dem Ausstieg der USA 2018 am Abbröckeln. Der Iran hat im Vorjahr damit begonnen, die ihm auferlegten Beschränkungen aufzuweichen, zum Beispiel etwas mehr und auf einen etwas höheren Grad anzureichern und neuere, potentere Zentrifugen zu betreiben. Noch ist nichts passiert, sagen Experten zum STANDARD, das vom Standpunkt der Non-Proliferation (Nichtverbreitung von Atomwaffen) Sorgen bereiten würde. Aber die Zukunft des JCPOA (Joint Comprehensive Plan of Action), wie der Atomdeal offiziell heißt, ist äußerst ungewiss.

USA im Corona-Bann

Wobei Corona auch eine Rolle dabei gespielt haben dürfte, dass die USA auf eine Entscheidung verzichtet haben, die das Ende des JCPOA weiter beschleunigt hätte: Am Montag verlängerte Washington die "waivers" – Sonderfreigaben – für nukleare Zusammenarbeit mit dem Iran. Das heißt, chinesische, russische und europäische Firmen können weiter in iranischen nuklearen Anlagen Arbeiten durchführen, die teilweise der JCPOA-Umsetzung, auf jeden Fall jedoch der Non-Proliferation dienen.

US-Außenminister Mike Pompeo soll gegen diese neuerliche Waiver-Verlängerung, die bis Ende Mai gilt, gewesen sein: Aber angesichts der Kritik daran, dass Washington trotz aller internationalen Appelle nicht coronabedingt die harten Sanktionen gegen den Iran zumindest vorübergehend lockert, setzten sich die Falken nicht durch. Kurz zuvor hatten die USA einen Waiver für den Irak zum dringend benötigten Kauf von Erdgas und Strom aus dem Iran nur mehr um dreißig Tage verlängert.

"Medizinischer Terror"

Die USA weisen jeden Vorwurf, dass die Sanktionen die Corona-Bekämpfung im Iran erschweren, zurück: "Hören Sie auf zu lügen. Es sind nicht die Sanktionen, sondern das Regime", entgegnete State-Department-Sprecherin Morgan Ortagus am Montag einem Tweet von Irans Außenminister Mohammed Javad Zarif, in dem dieser den "Wirtschaftskrieg" und "medizinischen Terror" der USA anprangerte.

Mit der Umsetzung des JCPOA ist die in Wien ansässige IAEA (Internationale Atomenergiebehörde) betraut, deren Arbeit auch in Corona-Zeiten weitergeht. Das heißt, während die "Agency" in Wien, österreichischen Vorgaben gehorchend, hauptsächlich ins Homeoffice abgewandert ist, sind die Inspektoren im Iran weiter im Einsatz. Abgesehen vom nötigen Schutz innerhalb des Landes ist eine der Schwierigkeiten das Ein- und Ausfliegen aus dem Iran.

Im Iran sorgt nicht nur Corona dafür, dass das ganze Land heruntergefahren wird, sondern auch Nowruz (Neujahr), wenngleich es heuer kaum als Fest wahrgenommen wird. Die Hoffnung der Befürworter des JCPOA ist, dass die Situation auch das Anreicherungsprogramm wieder entschleunigt. Anfang März sagte IAEA-Chef Rafael Mariano Grossi, dass sich seit der iranischen Ankündigung im Jänner, in Zukunft "keine operativen Beschränkungen" mehr einhalten zu wollen, nichts verändert habe. Allerdings verlangt die IAEA weiter dringend Zutritt zu zwei Anlagen, den der Iran bisher verweigert. (Gudrun Harrer, 31.3.2020)