Der Pardelluchs zählt zu den seltensten Katzen der Welt. Forscher arbeiten daran, Fortbestand und genetische Vielfalt bedrohter Katzen für die Zukunft abzusichern.

Foto: Ex-situ Iberian Lynx Program

Zur Aufbewahrung und Erhaltung von Spermien, Eizellen und Embryonen wird die Gefrierkonservierung schon lange eingesetzt. In flüssigem Stickstoff bei -196 Grad Celsius eingefroren, kann die Vitalität der Zellen nahezu unbegrenzt aufrechterhalten werden. Das ist auch bei anderen Zellen, Geweben und sogar kleinen Organen möglich – damit sie ihre Funktion aber nach dem Auftauen wiedererlangen können, dürfen sich keine schädigenden Eiskristalle bilden.

Deutsche Wissenschafter haben nun eine Methode zur Isolierung und Gefrierkonservierung von Hodenzellen entwickelt. Wie das Forscherteam vom Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung in Berlin im Fachblatt "Cryobiology" berichtet, könnten damit etwa Zellen des männlichen Fortpflanzungstrakts gefährdeter Kazenarten erhalten werden – und so die genetische Vielfalt von Spezies für die Zukunft gesichert werden.

Aufgelöstes Zellgewebe

Zunächst testeten die Wissenschafter um Mohammad Bashawat zwei unterschiedliche Gefriergeschwindigkeiten. Das Ausmaß möglicher Gefrierschäden hängt nämlich stark von der Geschwindigkeit der Temperaturabsenkung beim Einfrierprozess ab. Damit Keimzellen und Embryonen nach dem Auftauen wieder funktionsfähig sind, werden sie zuvor mit Gefrierschutzmitteln behandelt. Diese Mittel müssen in die Zellen eindringen, um die Bildung von Eiskristallen im Innern der Zellen zu verhindern oder abzuschwächen. Das ist eine heikle Angelegenheit, da die Gefrierschutzmittel in höheren Konzentrationen selbst zellschädigend wirken.

In einzelne Zellen dringen Schutzmittel relativ schnell ein – bei größeren Geweben werden Zellen im Inneren aber kaum davon erreicht. Bashawat und Kollegen konservierten daher das Hodengewebe nicht in kleinen Stücken, sondern lösten es auf und froren es als Zellsuspension ein. So konnte das Gefrierschutzmittel schneller in die einzelnen Zellen gelangen. Die Methode wurde bereits bei einigen Säugetierarten durchgeführt, nun wurde sie erstmals an die Konservierung von Katerhodenzellen angepasst. Zur möglichst schonenden Auflösung des Gewebeverbands nutzten die Wissenschafter einen Cocktail aus Enzymen.

"Ein besonderes Problem bei der Gefrierkonservierung von Gewebe oder daraus gewonnener Zellsuspensionen besteht in der Beurteilung der Zelleigenschaften nach dem Auftauen", sagt Bashawat. "Ein vollständiger Test der vollen Funktionsfähigkeit kann letztlich nur in Langzeitexperimenten zur Zellkultur erbracht werden. Um kurzfristig eine Optimierung des Gefrierverfahrens durchführen zu können, haben wir zwei Methoden zur Beurteilung der Lebensfähigkeit der Zellen angewendet."

Spätere Ausreifung

Mithilfe speziell präparierter Moleküle konnte eindeutig die niedrigere Konzentration an Gefrierschutzmittel in Verbindung mit einer langsamen Einfriergeschwindigkeit als vorteilhaft ermittelt werden. Etwa 45 Prozent der Hodenzellen von kastrierten Hauskatern waren so nach dem Auftauen wieder vital. Vergleichbar gute Ergebnisse wurden in zwei Pilotstudien mit Hodenzellen eines Asiatischen Goldkaters und eines Geparden erzielt. Die Forscher sehen darin einen wichtigen Schritt zur Konservierung der Keimbahn gefährdeter Tiere.

Die Notwendigkeit für solche Vorsorgemaßnahmen ist leider dringend gegeben. Von den 39 bekannten Katzenarten der Welt stehen 25 auf der "Roten Liste" der Weltnaturschutzorganisation (IUCN). Maßnahmen zur Unterstützung der Fortpflanzung werden zunehmend wichtiger für den Erhalt der genetischen Vielfalt innerhalb dieser Spezies. Dazu gehören auch die Gefrierkonservierung von Keimzellen und die künstliche Befruchtung.

Der Ansatz der Forscher ist folgender: Hoden männlicher Tiere, die versterben oder eingeschläfert werden müssen, bergen in ihren Hoden Stammzellen und zahlreiche unreife Vorstufen männlicher Keimzellen. Diese könnten auf unbestimmte Zeit konserviert und bei Bedarf im Rahmen einer Spermatogenese "im Reagenzglas" zu fertigen Spermien ausgereift werden – die Machbarkeit dieses Prozesses wurde bereits an einigen Arten gezeigt. (red, 5.4.2020)