Josef Dörr, Chef der AfD im Saarland, nennt den Beschluss des Bundesvorstands "absolut hirnrissig".

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Berlin/Saarbrücken – Dicke Luft bei der rechtspopulistischen Alternative für Deutschland: Die Bundesspitze hat den saarländischen AfD-Landesvorstand unter Führung von Josef Dörr mit sofortiger Wirkung abgesetzt. Dieser bezeichnet den Beschluss als "absolut hirnrissig" und kündigt Widerstand an.

Grund für die Absetzung seien "schwerwiegende Verstöße gegen die Grundsätze oder Ordnung der Partei", begründete der Bundesvorstand seinen Beschluss vom Dienstag. Der Landesverband der Saar soll vorerst von einem Notvorstand geleitet werden, der aus den Bundesvorstandsmitgliedern Carsten Hütter, Joachim Paul und Stephan Protschka besteht. Ein Antrag dazu werde an das zuständige Schiedsgericht der Partei gestellt, teilte die AfD mit.

Prozess der Mitgliederaufnahme manipuliert

Die Absetzung begründete die Bundesvorstand unter anderem damit, der saarländische Vorstand habe "den Prozess der Mitgliederaufnahme dadurch manipuliert, dass er Aufnahmeanträge nicht bearbeitet, bewusst erheblich verzögert oder Aufnahmen missbräuchlich durch Ausübung seines Widerspruchsrechts" vereitelt habe. Zudem habe er "durch seine Mitglieder zielgerichtet Delegiertenwahlen in den Kreisverbänden manipuliert".

Saar-Vorsitzender Dörr kündigte an, er werde "alle rechtlichen Möglichkeiten" ausschöpfen. "Die Vorwürfe sind an den Haaren herbeigezogen. Wir haben alles schon widerlegt", sagte der 81-Jährige der Deutschen Presse-Agentur. Zur Begründung der Absetzung sagte er: "Das ist lächerlich. Wir nehmen nur keine Mitglieder auf, die wir nicht kennen." Dörr ist seit 2015 AfD-Landeschef und seit 2017 Fraktionsvorsitzender im Landtag.

Entscheidung für Hecker "sehr spät"

In der AfD im Saarland tobt seit Jahren ein Machtkampf. Einer von Dörrs Kritikern, der Landtagsabgeordnete Lutz Hecker, sagte: "Ich halte die Entscheidung für absolut notwendig. Leider kommt sie sehr spät." Es werde nun sehr schwierig werden, den Landesverband rechtzeitig zur Vorbereitung der Bundestagswahl wieder handlungsfähig zu machen. Die AfD hat im Saarland laut Dörr rund 480 Mitglieder.

Der Parteivorstand kündigte an, er werde die Ordnungsmaßnahme dem nächsten Bundesparteitag zur Überprüfung vorlegen. Wann dieser Parteitag stattfinden wird, ist allerdings offen. Ein für Ende April geplanter Bundesparteitag war wegen der Corona-Pandemie abgesagt worden.

Der AfD-Bundesvorstand hatte im Frühjahr 2016 schon einmal eine Auflösung an der Saar beschlossen – wegen angeblicher Kontakte des Landesverbandes zu Rechtsextremen. Das Bundesschiedsgericht hatte im Oktober 2016 den Antrag abgelehnt: Eine Auflösung des Landesverbandes sei unverhältnismäßig, hieß es damals. (APA, 31.3.2020)