Migrantinnen in Moria auf Lesbos beim Nähen von Masken.

Foto: APA/AFP/Lagoutaris

Bislang kommen Ansteckungen mit dem neuartigen Coronavirus in Griechenland vor allem auf dem Festland rund um Athen und Thessaloniki vor. 49 Personen sind bisher verstorben. Erstmals wurde am Dienstag auch eine Infektion einer Asylwerberin gemeldet – die Frau, die im Lager Ritsona in der Nähe von Athen lebt, hatte in einem Krankenhaus ihr Kind zur Welt gebracht und sich dort offenbar infiziert. Der Vater des Kindes und das Kind sind selbst nicht infiziert. In Ritsona gibt es Räumlichkeiten, in denen Infizierte in Selbstisolation gebracht werden können.

Ansonsten blieben die zahlreichen Flüchtlingslager in Griechenland bisher von dem Virus verschont. Die Situation auf den Inseln ist generell besser als auf dem Festland. Denn nicht nur für die Lager, sondern auch für die Inseln selbst gibt es massive Zugangsbeschränkungen. Am 20. März kündigte der Minister für Inselpolitik, Giannis Plakiotakis, an, dass ausnahmslos Personen, die auf den Inseln gemeldet sind, und Personen, die für die Versorgung zuständig sind, auf die Inseln reisen dürfen. Diese Präventionsmaßnahme scheint zumindest bisher erfolgreich zu sein.

Asylansuchen zurzeit nicht möglich

Neu ankommende Flüchtlinge, die auf Booten aus der Türkei zu den Inseln fahren, werden nicht in den Lagern untergebracht, weil diese unter Quarantäne stehen, um den Ausbruch der Covid-19-Infektionen zu verhindern. Es gibt starke Ausgangsbeschränkungen. Das Migrationsministerium schlägt nun vor, dass die Neuankömmlinge in Hotels unterkommen sollen. Es handelt sich aber nur um sehr wenige Leute. Vergangene Woche kamen nur 56 Personen, die Woche davor 105 Menschen auf eine der Inseln. Im gleichen Zeitraum kamen im Vorjahr 362 Leute auf die Inseln. Diese Menschen haben zurzeit aber keine Möglichkeit, um Asyl anzusuchen, weil auch sie "aus Gründen der öffentlichen Gesundheit" zunächst unter Quarantäne gestellt werden sollen.

Im Camp Moria auf Lesbos, wo etwa 20.000 Migranten und Flüchtlinge in meist selbstgebauten Zelten leben, und in allen anderen griechischen Camps wurden zahlreiche Vorkehrungen getroffen, um die Ausbreitung des Virus zu verhindern. In Moria tragen geflüchtete Frauen zur Prävention bei, indem aus Stoff Mund-Nase-Masken nähen.

Mehr Sanitäranlagen und bessere Wasserversorgung

Das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR in Griechenland unterstützt die griechische Regierung, um das Risiko der Ausbreitung des Virus in den Camps zu minimieren, erklärt Boris Tscheschirkow vom UNHCR dem STANDARD. So sollen etwa mehr Sanitäranlagen gebaut werden, die Wasserversorgung verbessert und mehr Hygieneartikel verteilt werden.

"Wir unterstützen die Behörden auch dabei, medizinische Einrichtungen für Screening und Isolation zu errichten, bei der Verbesserung des Zugangs zu hochwertigen Informationen für Asylsuchende durch Hotlines und Dolmetschen sowie bei der Mobilisierung von Flüchtlingsgemeinschaften, um den Bewohnern der Aufnahmezentren auf den Inseln Hilfe anzubieten", so Tscheschirkow. Das UNHCR verstärkt auch seine Koordinierung mit Nichtregierungsorganisationen und Behörden.

218 Asylwerber aufs Festland gebracht

Zudem sollen in den Camps selbst Geldautomaten und Geschäfte eingerichtet werden, damit die Asylwerber keine Supermärkte außerhalb des Camps mehr besuchen. Die griechische Regierung hat vergangene Woche 218 Aslywerber von den Inseln aufs Festland gebracht, in der Woche davor waren es mehr, nämlich fast 2.000 Personen. Nichtregierungsorganisationen fordern, dass noch mehr Flüchtlinge aufs Festland gebracht werden.

Die Flüchtlinge und Migranten auf den ostägäischen Inseln sind im Durchschnitt relativ jung. 34 Prozent von ihnen sind unter 18 Jahre alt. Doch nicht nur die Camps in Griechenland beherbergen Migranten. Aufnahmezentren mit jeweils tausenden Migranten befinden sich auch in anderen Balkanstaaten wie Bulgarien, Nordmazedonien, Serbien und Bosnien-Herzegowina. Auch dort werden nun Maßnahmen zur Ansteckungsprävention getroffen.

Sicherheitskräfte bleiben an Landgrenze

Indes hat die griechische Regierung beschlossen, dass die Aussetzung des Rechts, einen Asylantrag zu stellen, nicht verlängert wird. Diese Aussetzung galt für den Monat März, nachdem der türkische Staatschef Recep Tayyip Erdogan vergeblich versucht hatte, Migranten Richtung EU zu schicken. Jene Migranten, die im März nach Griechenland kamen, sollen ohne jeglichen Rechtsschutz abgeschoben werden.

Griechische Einsatzkräfte werden weiterhin an der Landgrenze zur Türkei bleiben, obwohl die türkische Regierung mittlerweile die Migranten, die dort Anfang März hingebracht wurden, wieder zurück ins Landesinnere transportiert hat. Erdogan wollte Anfang März erreichen, dass tausende Migranten über die griechische Grenze in die EU gelangen, um Druck auf die EU auszuüben – die griechischen Sicherheitskräfte haben dies aber verhindert.

Mitsotakis bedankte sich

Der griechische Premier Kyriakos Mitsotakis bedankte sich nun bei der Armee und der Polizei für ihren Einsatz. "Wir haben es geschafft, eine sehr wichtige Angelegenheit für unser Land und für Europa sicherzustellen: die Fähigkeit und Effizienz, unsere Land- und Seegrenzen zu schützen", so Mitsotakis. An der Grenze war es wochenlang immer wieder zu Zusammenstößen zwischen Sicherheitskräften und Migranten gekommen, die versuchten, die Absperrungen zu durchbrechen. Die türkische Regierung hat die Migranten offenbar auch wegen des Ausbruchs der Coronavirus-Infektionen in der Türkei ins Landesinnere zurückgebracht. (Adelheid Wölfl, 1.4.2020)